Bad Aibling – „Öl auf Fundstück“. Was soll das bedeuten?, fragt sich der Betrachter beim Studieren der Informationsliste zur Ausstellung von Horst Sauerbruch in der Galerie Villa Maria, ein Blick auf das besagte Objekt bringt schnell Klärung. Es sind derbe Arbeitshandschuhe, denen Sauerbruch neues Leben und neuen Sinn verleiht. Er hat sie einem Schrottcontainer entnommen, auf den er steigen musste, um sie zu erreichen. Er bespritzte und bemalte sie mit Farbe, „setzte energische Spuren“, erläuterte Gerhard Schebler, ein ehemaliger Schüler von Sauerbruch in seiner Rede. „Er schrieb ihre Geschichte fort.“
So war Horst Sauerbruch: unkonventionell, erfindungsreich, gut gelaunt und voller Tatendrang, davon zeugen seine Werke – 71 insgesamt in der Ausstellung. Eine erstaunliche Anzahl davon sind Hinterglasbilder, in denen das Öl hinter der Glasscheibe eine besondere Strahlkraft erhält. Aber er hat auch unzählige andere Malgründe benutzt: Leinwand, Pappe, Holz, Papier. Und immer setzt er seine Zeichen auf den Grund: Gestricheltes, mit breitem Duktus Gemaltes, Tropfen, Kleckse.
Vor drei Jahren hatte er bereits eine Ausstellung in der Villa Maria. Damals feierte man im Vorgriff auf seinen 80., den er dann auch noch erlebte. Nicht allzu lange danach verstarb er.
So begegnet man jetzt in der Ausstellung einigen bekannten Bildern wieder. Zum Beispiel der Collage mit dem Titel „Wasserschlacht“. Dabei handelt es sich um viele kleine weiße Schachteln, alle aufgeklappt und nebeneinander auf einen Untergrund montiert. Diese Fläche hat der Künstler dann mit blauer Farbe bespritzt, immer wieder anders – ein scheinbares Durcheinander und doch der strengen Vorgabe untergeordnet, ein und dieselbe Farbe zu verwenden. Blau zum Beispiel, eine seiner Lieblingsfarben, brauche gar nicht so viel mehr, als einfach nur präsent sein zu dürfen, äußert der Künstler.
Auch seine Vorliebe, die Bilderrahmen, die oft sehr breit sind, mit zu bemalen, fällt ins Auge. Das Motiv auf der eigentlichen Bildfläche setzt sich auf dem Rahmen fort, greift Farbe und Bildkomposition noch einmal auf. Dem gesamten Werk liegt eine alles beherrschende Freude am Umgang mit Farbe zugrunde.
Sein Großvater Ferdinand war der berühmte Arzt, sein Vater wurde Maler, konnte sich aber keines so großen Erfolgs erfreuen wie Horst. Dieser studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München mit dem Ziel, Kunsterzieher zu werden. 1972 bewirbt er sich dann an der Akademie auf eine Stelle für Malerei und Kunsterziehung mit dem Ziel, Professor und damit Lehrer für Erwachsene zu werden. Die große Präsenz seiner ehemaligen Schüler bei beiden Ausstellungen in der Villa Maria – 2021 und 2024 – zeigt, dass er damit die richtige Wahl getroffen hatte. Vor drei Jahren war er noch selber zur Ausstellung anwesend und versprühte viel Freude und Optimismus.
Die jetzige Ausstellung trägt eine Zeile aus dem Werk von Rilke als Titel: „Der Sommer war sehr groß“. Groß in seinem Anliegen und ertragreich war auch das Werk Horst Sauerbruchs. Ute Bößwetter