Die pure Lust auf Kunst

von Redaktion

Kunstverein Rosenheim feiert 120-jähriges Bestehen mit Ausstellung zur eigenen Historie

Rosenheim – „Die pure Lust auf Kunst könnte man sicher als Triebkraft für die über 120 Jahre anhaltende und erfolgreiche Geschichte des Kunstvereins Rosenheim anführen“. So leitet Elisabeth Mehrl, Vorsitzende des Vereins in den Jahren 2013 bis 2021, ihren rückblickenden Aufsatz in der Schrift zur „Geburtstagsfeier“ ein. Wie auch Dr. Hannah Stegmayer, die von 2009 bis 2013 den Vorsitz übernommen hatte, war sie bei der Eröffnung der aktuellen Ausstellung in der Kunstmühle zugegen – es gab Danksagungen und Blumensträuße.

Gute
Zusammenarbeit

Zur Einleitung hatte Monika Hauser, Leiterin der Städtischen Galerie und in Vertretung von Kulturreferent Wolfgang Hauck, eine Laudatio auf den regen Verein gehalten. Sie betonte die gute Zusammenarbeit von Galerie und Verein, der ja nicht nur die „Kunst aktuell“-Ausstellung ausrichtet, sondern auch die beliebte „Kunst und Handwerk“.

„Wir arbeiten ja normalerweise im Hier und Jetzt“, so begann Dr. Olena Balun ihre Begrüßung als aktuelle Vorsitzende des Kunstvereins. Um dann einen Streifzug durch die Jahrzehnte zu unternehmen und die Rolle der Kunstvereine in der Gesellschaft zu unterstreichen. Sie seien es gewesen, die die Demokratisierung des Kunstbetriebs vorangebracht hätten, vorher eine Domäne von Adel und Kirche.

1904 erfolgte die Gründung des Rosenheimer Kunstvereins – dies war der Grund für den Münchner Oberlehrer Max Bram, der Stadt eine umfangreiche Kunstsammlung zu stiften. Viel Heimattümelei, aber auch eine Ausstellung der Künstlervereinigung „Brücke“ – wenn auch ohne Verkaufserfolge – und in der Nazizeit gar ein Obersturmbannführer als Vorsitzender kennzeichneten die ersten Jahrzehnte.

Erst ab den 1960er-Jahren gelang ein Generationenwechsel, und der Kunstverein wandte sich nach und nach in seinen Ausstellungen progressiven Strömungen zeitgenössischer Kunst zu. Den beiden eingangs genannten Vorsitzenden sowie die leider nicht anwesenden Iris Trübswetter (Vorsitzende 1981 bis 1995 sowie von 1999 bis 2001) gelang der Sprung von einem lokal agierenden zu einem überregional anerkannten Kunstverein, der auch internationalen Austausch pflegt. Mitte der 1980er-Jahre initiierte der Kunstverein eine Ausstellung in den Räumen des Lokschuppens, der nach Plänen der Stadt eigentlich abgerissen werden sollte. Es begann eine Diskussion im öffentlichen Raum – heute gehört der Lokschuppen zu den besucherstärksten Ausstellungszentren in Deutschland.

Was dem Verein ebenfalls gelang, war eine Wiedereinbindung erfolgreicher Ex-Rosenheimer Künstler, hier fielen die Namen Fischer, Helbig und Lachauer. Der Aufforderung von Dr. Balun zum Rundgang folgend, entdeckt man eingangs Filmaufnahmen aus einem Austausch mit ehemaligen Sowjetrepubliken. In einer zentralen Vitrine lagert die Gründungsurkunde des Vereins, in einer weiteren ist die „Brücke“-Ausstellung dokumentiert, heute wären die damaligen Skizzen ein Vermögen wert. Viele Kleinode aus eigenen Beständen bezeugen das Spektrum des örtlichen Kunstschaffens, darunter Werke von Rolf Märkl, Peter Tomschiczeck und Fried Stammberger.

Plakate als Blickfang und Chronik

Doch der Clou und eigentlich allein schon ein Kommen wert ist die große Wand mit einer Vielzahl vergangener Ausstellungsplakate. Schwarzweiß und farbig, Einzel- und Gruppenausstellungen, von Plastik über Malerei bis zu Videoinstallationen: Diese Wand ist auch in sich eine Chronik von Zeitgeschichte und Ästhetik und sicher verbinden manche Besucher die Plakate noch mit ihrer eigenen Erinnerung mancher Ausstellung. Ergänzend lädt der Kunstverein zu einer Vielzahl von Einzelveranstaltungen wie Filmvorführungen, einer Podiumsdiskussion und einem Grillabend.

Bis 4. August

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