Halfing – Wenn das keine Sensation ist: Gioachino Rossini hat sich aus dem Jenseits zurück ins Diesseits gebeamt – nach Immling, um genau zu sein, vor die staunenden Augen vieler Kinder im Festspielhaus. Ob ihm bange war um die Zukunft der Oper? Vielleicht war dem italienischen Kompositionsstar, der während seiner Erdenzeit (1792 bis 1868) als ungemein produktiv und einfallsreich galt, auch schlicht langweilig im Himmel. Jedenfalls stand er plötzlich im rappelvollen Festspielhaus des Immling Festivals und plauderte aus dem Nähkästchen großer Musikliteraten.
Bilderbuchartiges Bühnenbild
Die Kinder, die zur Premiere der Familienoper „Der Barbier von Sevilla“ gekommen waren, fanden das mehr als kurios. Während dieser Rossini, alias Ludwig Baumann, erzählte und nebenbei mit seiner Frau (Cornelia von Kerssenbrock) das ein oder andere Intermezzo hatte, hielten es einige der Kleinen kaum mehr auf den Plätzen. Zu groß war der Zauber des Musiktheaters. Auf der riesigen Bühne wurde gesungen und getanzt, da zog ein bilderbuchartiges Bühnenbild über mehrere Ebenen mit Videoprojektionen die Blicke der Kinderaugen auf sich – eine grandiose Beleuchtungstechnik (Maximilian Ulrich) und natürlich die liebevoll geschneiderten Kostüme (Elke Drewing) machten so richtig etwas her.
Ludwig Baumann (Regie und Bühnenbild) als Rossini hatte sofort einen heißen Draht zu den Kleinen. Die waren ganz Ohr, als er in lockerer Sprache seine Geschichte zum Besten gab und dann, nahbar und kindgerecht, zur Opernhandlung hinführte. Dabei stellte er witzige Bezüge zum Heute her, überlegte, ob sich die Stechmückeninvasion nicht als Zutat im köstlichen Gericht „Pasta à la Rossini“ verarbeiten ließe. Jedenfalls ging ein lautes „Ah!“ durch den Saal, als zu Rossinis melodiöser Musik die gesamte Bühnenrückwand per Videotechnik zur Häuserfassade im mediterranen Stil erstrahlte.
Davor agierte, unter dem betont schwungvoll und ausladenden Dirigat von Cornelia von Kerssenbrock, das Immling-Orchester – auch das wurde, Instrument für Instrument, kurz vorgestellt. So konnte das junge Opernpublikum während des Musikgenusses zu den Gesangspartien auch die klangschönen instrumentalen Einsätze zuordnen und gelangte somit zu einem umfassenden Verständnis, was die Opernkunst ausmacht.
Über den Musikern im Graben kam die verwirrende und gerade deshalb urkomische Opera Buffa in Schwung. Vergnügt und sehr aufmerksam verfolgten die Kinder das Bühnengeschehen um den verliebten Grafen Almaviva (Alex Aldren), der schönen Rosina (Radoslava Vorgic), dem albernen und habgierigen Don Bartolo (Peter Kellner), welcher durch die List des gewitzten Barbiers Figaro (Gleb Ivanov) hinters Licht geführt wird. Da flogen, in Figaros Friseursalon Kämme und Haarscheren durch Kinderhand geführt durch die Luft, dort ein lustiger Besentanz, ja sogar ein Stierkampf war zu erleben und, in perfekter Choreografie gefiel ein Tanz mit roten Fächern – die Opernkinderchorschar agierte dermaßen mitreißend, dass das junge Publikum am liebsten mit durchs Rampenlicht geflitzt wäre – einige taten das sogar. Vor allem während der Auftritte im Saal, in denen die vierte Wand durchbrochen war, sausten einige kleine Zuschauer einfach hinterher – und mussten von den Eltern vor der Bühne eingefangen werden. Das temperamentvolle Spiel des Opernensembles und seine volltönenden Stimmen, aber besonders die spritzigen Gesangs- und Tanzeinsätze des Kinderchors (Leitung: Iris Schmid), machten großen Eindruck auf das junge Opernpublikum. Da spielten Kinder zwischen sechs und sechzehn Jahren, Seite an Seite mit Opernstars.
Als sich die schöne Rosina in der Immlinger Kinderopernfassung vom Musiklehrer Don Basilio (Sergey Stepanyan) einen Popsong wünschte, und die Dirigentin „Macarena“ vorschlug, wurde das gesamte Publikum – und zwar von Oma oder Opa bis zum Kleinkind, Teil der Inszenierung. Ganz Immling verfiel in wilden Macarena-Tanz und das gefiel Rossini natürlich mehr als gut.
Mission
geglückt
Vielleicht sah er so seine irdische Mission zum Opernerhalt geglückt: Oper braucht schließlich Innovation – und Nachwuchsförderung. Beidem wurde diese kurzweilige und urkomische Kinder-Opern-Bearbeitung gerecht. Denn eines ist gewiss: Dieses Opernevent werden die Kinder auf und vor der Bühne so schnell nicht vergessen. Und der brillante Auftritt des jungen Gesangstalents Paul Loferer als Diener Fiorello könnte vielen Ansporn sein, sich für die nächste Saison im Immlinger Kinderchor anzumelden. „Es sind noch Plätze frei“, verriet Rossini.
Infos zu Aufführungsterminen und Tickets unter www.immling.de oder unter Telefon 08055/90340.