Erl – Was für eine Klangkultur, was für eine Leichtigkeit und Hingabe! Das Schumann-Quartett faszinierte das Publikum bei den Tiroler Festspielen auch in diesem Jahr mit einer technischen Brillanz, einem Nuancenreichtum und einem perfekten dialogischen Wechselspiel. Im Festspielhaus brachten Erik und Ken Schumann (Violine), Veit Hertenstein (Viola) und Mark Schumann (Violoncello) Streichquartette von Mozart, Prokofjew und Beethoven zu Gehör.
Mozarts Streichquartett Nr. 18 in A-Dur verströmte einen berückenden harmonischen Klangzauber. Das heiter beseelte Allegro mit seinem eingängigen Thema und einem wiegenden Rhythmus spielte das Schumann-Quartett mit Frische und Geschmeidigkeit. Kontrapunktische Intensität wies auch das Menuetto auf, in dem allein das Trio eine Ausnahme inmitten künstlerischer Hochspannung bildete. Sanft und ruhig folgte das Andante mit seinem Variationenreichtum. Kunstvolle Ausgewogenheit wies der Schlusssatz auf, den das Schumann-Quartett mit schlafwandlerischer Perfektion interpretierte.
Als bewundertes Vorbild Prokofjews für sein eigenes erstes Streichquartett in h-Moll op. 50 war Beethoven. Farbig dissonant mit harschen Rhythmen und einer bizarren Melodik erklang das Allegro, das die Musiker mit dialogischem Gespür für feinste Nuancen spielten. Die große musikalische Reife des jungen Ensembles zeigte sich auch im Andante molto – vivace. Die flirrenden Passagen schienen die Hörer regelrecht zu elektrisieren. Fein und filigran war der Schlusssatz, der nach kraftvoller Farbigkeit traurig und leise verklang.
Ein musikalischer Meilenstein der Kompositionen für Streichquartett ist das Streichquartett Nr. 12 in Es-Dur op. 127 von Beethoven. Im Eröffnungssatz wechselten heitere mit eher elegisch anmutenden Themen. Das Schumann-Quartett führte das abgeklärte, weit ausgreifende Adagio non lento mit einer Klangsinnlichkeit auf, die beglückte. Mal tänzerisch ausgelassen, mal mit rhythmischer Dynamik folgten die Variationen aufeinander. Immer neue Kombinationen und Färbungen, von Bratsche und Violoncello kurz unterbrochen, kennzeichneten den dritten Satz. In folkloristischem Tonfall spielte das Schumann-Quartett das rondomäßig angelegte Finale, in dem ein wienerisch wirkendes Hauptthema gefangen nahm. Für den Hörer war es ein Genuss, dem virtuosen Wechselspiel des Ensembles zuhören und zusehen zu dürfen. Nach dem rauschenden Beifall folgte mit dem fünften Stück „Alla Tarantella“ von Erwin Schulhoff noch ein fetziger Rausschmeißer, der zu Beethoven einen überflüssigen, gleichwohl effektvollen Kontrast bildete.
Georg Füchtner