Es geht wieder auf!

von Redaktion

Haindling weckt im Rosenheimer Kuko Sehnsucht nach Leben und Leichtigkeit

Rosenheim – „I hab di lang scho nimmer g’sehn“: Zwei Jahre Bühnen-Abstinenz wegen OP und Pandemie haben Hans-Jürgen Buchner und Haindling hinter sich. Kein Wunder, dass viele Sehnsucht hatten und in Scharen in den großen Saal im Kultur- und Kongress-Zentrum strömten, um endlich wieder der betörenden, beseelenden Musik der Niederbayern zu lauschen, mitzusingen, zu tanzen, mit Haindling zu lachen und sich von seinen Texten im Herzen anrühren zu lassen.

Vom Bass
zur Vuvuzela

Haindling feiert seit mehr als 40 Jahren große Erfolge mit seiner Musik. „Irgendwie und sowieso“, „Rosenheim-Cops“, „Zur Freiheit“: Viele bekannte bayerische Filmserien haben Buchner ihre Titelmusik zu verdanken. Eingängige Melodien, klug komponiert, von professionellen Künstlern gekonnt vorgetragen, dargeboten auf einer beeindruckenden Bandbreite von Instrumenten, darunter Tenorhorn, Flügelhorn, Trompete, Tuba, Saxofon, Klarinette, Alphorn, Vuvuzela, Bass, Schlagzeug, Keyboard, Ziehharmonika und Diverses, wie Hans-Jürgen Buchner es selbst zusammenfasst.

„Es geht wieder auf!“, versichert Haindling in Rosenheim gleich zu Beginn seinen Zuhörern – und er hielt, was er versprach. Fast drei Stunden lang zog die Band alle Register. Aus dem schier unerschöpflichen Repertoire wählte Buchner neben Knallern und Klassikern wie „Paula“, dem „Erzherzog-Johann-Jodler“, dem „Hoizscheidl-Rap“, „Du Depp du“, „Spinn i“, dem „Ewigen Lied“, „Du schaust gut aus“ oder „Rote Haar“ – Stücke, die den Fans ans Herz gewachsen sind, wie „Pfeif drauf“, „Sie und Er“, „Ganz weit weg“ und viele andere mehr. Bei vielen Songs brauchten die Musiker nur die ersten Töne anzuspielen, schon sang und klatschte das Publikum mit – angesteckt von der Freude an der Musik.

Innerhalb weniger Minuten machte sich Buchner seine Fans zu Freunden. Manche begrüßte er persönlich, zum Beispiel die Leiterinnen des Priener Kinderhorts „Wirbelwind“, dessen Schirmherrschaft er übernommen hat. Oder den Mann aus Grevenbroich, der die längste Anreise zum Konzert auf sich genommen hat. Zwischen den Songs erzählt Haindling Anekdoten, Erlebtes oder Erdichtetes, wie etwa die „Kurzgeschichte“ vom Bergsteiger, der beim Absturz sich am Klang des Glockengeläuts erfreut und gleichzeitig traurig ist, dass er diese Freude mit niemandem teilen kann. Dieser bittersüße, feine Humor Buchners, der in vielen seiner Songs durchschimmert, kombiniert mit der einzigartigen Musikalität verzauberte seine Zuhörer immer wieder aufs Neue.

So eingängig die Melodien sind, so scharf- und tiefsinnig sind seine Texte, die im Lauf der Jahre noch an Aktualität gewonnen zu haben scheinen. Bevor er vom „Industriegebiet“ sang, erzählte er davon, wie Natur unwiederbringlich zerstört werde für Dinge, die dem Menschen kein dauerhaftes Glück brächten, ihm aber die Lebensgrundlagen entzögen. „Der Mensch muss auf den Mars“ – das bezweifelt Haindling nach wie vor ganz stark. So leise und bedacht seine Gesellschaftskritik daherkommt, so nachhaltig und berührend wirkt sie. Ganz still wurde es zum Beispiel im Saal, als er die Zugabe „Kleiner Mensch“ spielt.

Erhebende
Stimmung im Saal

Mehrmals stand der ganze Saal auf, um begeistert zu klatschen und die Musiker zu feiern. Im Laufe des Abends sich eine erhebende Stimmung im Konzertsaal entwickelt, eine Symbiose zwischen den Künstlern und ihren Zuhörern, die wohl keiner vergessen wird, der Teil dieses Konzerts war.

„Ich habe Sehnsucht“ heißt eines der älteren Lieder Haindlings – er spielte es als Zugabe. Mit solch einem zarten Ziehen im Herzen verließen die Menschen nach diesem fantastischen, vergnüglichen und ergreifenden Abend den Saal – mit dem festen Vorsatz, nicht mehr so viel Zeit vergehen zu lassen, bis man Haindling wiedersieht.

Artikel 4 von 11