Prien – Die Konzertreihe „Jazz Collection“ präsentiert immer wieder besondere Musikerinnen und Musiker an besonderen Orten im Chiemgau. Diesmal war ein im Jazz eher seltenes Instrument an der Reihe: Der vor allem als Sideman der Gruppe „Quadro Nuevo“ bekannte Akkordeonist Andreas Hinterseher konzertierte an zwei Tagen solistisch in der St.-Jakobus-Kirche in Urschalling, der ehemaligen Burgkapelle der Grafen von Falkenstein.
Nach der Begrüßung durch die Organisatorin Barbara Freyberger spannte Gemeindereferentin Conny Gaiser mit einfühlsamen Worten zur romanischen Kirche und ihren gotischen Fresken den Bogen von der bildenden Kunst zur Musik. Was dann folgte, waren Klanggeschichten, die Andreas Hinterseher virtuos auf seinem Instrument gestaltete und so einen künstlerischen Dialog zu den mystischen Bildgeschichten herstellte.
Im Vordergrund standen Kompositionen aus der Feder Hintersehers und damit aus dem großen Repertoire von Quadro Nuevo, deren Arrangements Hinterseher wirkungsvoll auf sein Soloprogramm zugeschnitten hatte. Schon zu Beginn schuf er eine melancholische Atmosphäre, als er sein „Saluti Da Parigi“ mit „Laurita“, einem Stück aus der Feder von Richard Galliano, kombinierte. Stilistisch bewegten sich diese oft filigran und differenziert interpretierten Kompositionen zwischen Musette, Jazz und Weltmusik, beeinflusst von großen Musikern wie Astor Piazzolla und eben auch Richard Galliano. Um der Melancholie nicht allzu viel Raum zu geben, bereicherte Hinterseher seine interessante Moderation mit humorvollen Anekdoten, die den Hintergrund für einige Stücke bildeten, wie etwa die nicht ganz so ernst zu nehmende Geschichte von einer Flucht durch den Balkan, die an der Burg Draculas endet und in „Goaz boq Muzik“ ihre Vertonung gefunden hat.
Hinterseher arbeitete oft mit Kontrasten zwischen elegisch gespielten und expressiven Passagen, tiefen und hohen Lagen sowie unterschiedlichen Tempi und Rhythmen, wobei er die technischen Möglichkeiten seines Instruments virtuos nutzte. Den gegensätzlichen Charakter seiner beiden Kinder hatte er beispielsweise in „Prinzessin Josefina“ vertont und in „Café Cairo“ verband er orientalische Klänge mit Wiener Schrammel-Musik-Sound. Die Komposition „Locanda del Sole“ war einem italienischen Restaurant in der Nähe von Volterra gewidmet, wobei die Sehnsucht nach dessen „grantiger“ Wirtin und ihren ölig starken Espresso musikalisch den adäquaten Ausdruck fand.
Der offizielle Schluss bestand aus einem Medley zweier Stücke, das noch einmal die Spannweite und den völkerverbindenden Charakter dieser Musik zum Ausdruck brachte: Aus einem leise beginnenden „Aus der Stille der Nacht“ schälte sich lauter und schneller werdend ein Tango, der in Mulo Francels „Mocca Swing“ mündete. Der faszinierende Abend endete dann mit Richard Gallianos Komposition „Soleil“ als Zugabe. Richard Prechtl