Prien – Die Marktgemeinde Prien besitzt in ihrer Kunstsammlung 50 Arbeiten des Malers Theodor von Hötzendorff, der vor genau 50 Jahren verstorben ist. Die Gedächtnisausstellung, die das Museum Prien aus diesem Anlass zeigt, umfasst rund die Hälfte davon und legt einen Schwerpunkt auf das Spätwerk des Landschaftmalers, Bilder in leuchtenden, fast kristallinen Farben.
Ein eigenwilliger und ehrlicher Mensch
Von seinem Überseer Künstlerkollegen Walter Lederer (1923 bis 2003) ist ein Bonmot über den Künstler überliefert, der sagte, „ein Mensch ohne Rucksack ist kein Mensch“. Keine Anmerkung über den Maler und Grafiker Theodor von Hötzendorff könnte die Verbundenheit Hötzendorffs zur Natur besser charakterisieren. Es führt uns den eigenwilligen, einfachen, ehrlichen und ernsten Menschen Hötzendorff vor Augen und beleuchtet zugleich auch die Aussagekraft seiner charakteristischen Landschaften, die er mit Leinwand, Farbe und Pinsel „eroberte“, und die ihn unzweifelhaft zu den großen Landschaftsmalern der Künstlerlandschaft Chiemsee machen.
Theodor von Hötzendorff, geboren am 12. September 1898 in Markdorf am Bodensee, als Sohn der „unverehelichten Augusta von Hötzendorff, ohne Stand und Gewerbe, katholischer Religion, aus München“, wie es der Standesbeamte so explizit wie spitz vermerkte. Und auch wenn die Mutter nur wenige Tage später Carl von Malaisé, Premierleutnant beim 1. Feldartillerie-Regiment zu München, ehelichte, so ist heute wohl nicht mehr daran zu zweifeln, dass sein Vater, Kronprinz Rupprecht von Bayern (1869 bis 1955) war, der ihm ja auch offiziell über viele Jahre als „väterlicher Freund“ zur Seite stand.
Die Jugend verbrachte Hötzendorff in München und im renommierten, privaten Landschulheim in Schondorf am Ammersee, ehe er sich 1918 an der Akademie der Bildenden Künste in München bei dem Grafiker Peter von Halm einschrieb. Nach dessen Tod besuchte er in den beiden Folgejahren die Klasse von Adolf Schinnerer, der ebenfalls hauptsächlich Grafiker war. Es ist daher kein Wunder, dass sich Hötzendorff in seiner frühen künstlerischen Zeit stark mit der Kunst der Radiertechnik auseinandersetzte.
Vorbilder in der Malerei, die er nicht explizit an der Akademie studiert hatte, waren zunächst Hans von Marées und – wie bei so vielen der Künstlerkollegen dieser Zeit – der Franzose Paul Cézanne.
In den 1930er-Jahren fand der Künstler in einer ersten, fruchtbaren Schaffensperiode zu seinem eigenen Stil. Es entstanden großformatige kühle Landschaftsbilder von einer enormen Strenge im Malduktus und einer kräftigen, schweren und expressiven Farbgebung. Breite, großflächige Pinselstriche charakterisieren diese stark querformatigen Leinwandbilder, die oftmals auch im „Münchner Handtuchformat“, dem überlangen Breitformat des 19. Jahrhunderts, ausgeführt waren. Die Arbeiten Hötzendorffs dieser Jahre konnten sich wohl nie der – diffusen – Kunstpolitik des Nationalsozialismus einfügen.
Bilder von ihm waren in den „Großen Deutschen Kunstausstellungen“ im Haus der Deutschen Kunst in München niemals zu sehen. Dennoch war er mit keinem Berufs- oder Ausstellungsverbot belegt, wie die Münchner Ausstellungsverzeichnis dieser Jahre belegen.
Seit 1939 in Grassau ansässig, schuf er hier die Chiemgau-Bilder, die heute seine überregionale Bekanntheit ausmachen. Etwa ab 1945 werden die „plein air“, also direkt in der Natur ausführten Arbeiten immer heller und leuchtender. Die eigentliche und fruchtbarste Schaffensperiode beginnt in diesen Jahren.
Impressionistische
Studien
Hötzendorffs Landschaften aus dem Chiemgau, dem Achtental, vom Chiemsee und auch die ab den 1960er-Jahren auf zahlreichen Studienfahrten vor allem am Gardasee entstandenen Italienbilder sind charakteristische, fast impressionistische Studien ohne jegliche Staffage. Sein wesensmäßiger Bezug zur Landschaft und Natur führt mit malerischen Blick zu ehrlichen und introvertierten Bildern, die in der Nass-in-Nass-Technik keine Korrekturen zuließ und gegen Ende seiner künstlerischen Tätigkeit oftmals im Farbauftrag aquarellhaften Charakter erreichen.
Theodor von Hötzendorff starb völlig überraschend am 30. März 1974 in Grassau. Der Rucksack für die nächste Maltour war schon gepackt. Er hat ein Werk in voller Liebe zur Natur hinterlassen. „Kompromisse, vor allem in der Kunst, waren ihm ein Gräuel“ (zitiert nach Walter Lederer) und das macht seine Bilder so ehrlich und eigen und so zeitlos. Werner Meier