Neubeuern – Zwei ausstellende Künstlerinnen, die Fotografin Maresa Jung, Mitglied des Künstlerkreises Neubeuern, und ihr Gast, die Graffitikünstlerin Mina Mania aus Berlin, begegnen sich in der Ausstellung in der Galerie am Markplatz in allen Dimensionen.
Die Künstlerin Mina Mania wurde 1986 in München geboren. Sie lebte in Hamburg, Paris, München und ist mittlerweile in Berlin ansässig, wo sie ihr Atelier hat. Sie selbst ist nicht zur Ausstellungseröffnung erschienen, denn sie möchte persönlich anonym bleiben und nur durch ihre großflächigen Graffiti und ihre Nanas, ihre „Nanarchie“, erkannt werden. „In meinen Nanas steckt viel Unbewusstes, Emotion und Spontaneität“, erklärt Mina Mania.
„Nana“ ist ein vieldeutiger Begriff aus dem Französischen für eine moderne, selbstbewusste, erotische und verruchte Frau. Mit dem Ausspruch „Alle Macht den Nanas!“ schuf Niki de Saint Phalle Mitte der 1960er-Jahre die lebensbejahenden, fröhlichen, bunten, meist tanzenden, oft überlebensgroßen, dicken „Nanas“. Ausgestellt sind mit Nanas bedruckte Stoffbahnen und vier hängende Figuren, die „Les phantomes de Mina“ heißen und von Ulrike Gierlinger, der Laudatorin der Ausstellung, mit Schamaninen verglichen wurden.
Durch Langzeitstudien der in Neubeuern aufgewachsenen Fotografin Maresa Jung sind die Stuhlbilder entstanden. Hier geht es um richtige und falsche Positionen. Durch Mehrfachbelichtung und das Auf- und Übereinanderlegen der Aufnahmen in verschiedenen Positionen kann man nicht mehr feststellen, welche Position die richtige, die ursprüngliche ist. So beginnt man die verschiedenen Tendenzen und Sichtweisen zu hinterfragen. Aus gewöhnlichen Stühlen werden plötzlich aktive Figuren, die Geschichten erzählen und dabei manchmal, auch bildlich gesehen, alles auf den Kopf stellen.
In der Serie „energy sculptures“ sind Skulpturen zu sehen, bei denen mit einer Lichtquelle und der Kamerabewegung eine Gestalt performt wurde, um ins Negativ umgekehrt eine Schattenwirkung zu erzielen.
Mit der Fotoreihe „Lust und Last der Anderen“ werden durch die figürlich inszenierten Gemüse-Stillleben die Besucher gefragt, ob sie sich mit den Kopfgefühlen der fotografierten Figuren identifizieren können und bei Übereinstimmung aufgefordert, einen bereitliegenden Sticker unter das Foto zu kleben.
Ein besonderer Blick richtet sich auf das Foto der rund 30000 Jahre alten Venus von Willendorf, die zu den bedeutendsten Artefakten der Menschheitsgeschichte zählt. Maresa Jung stellt ganz profan das Foto einer Süßkartoffel neben sie, die fast genauso aussieht. Auch ein Bild, das zur Körperlichkeit von Mina Manias „Nanarchie“ überleitet, ist das Foto der Annette aus der Ausstellung „Flintas, best age“ im Frauenmuseum Bonn, die sich so in einer tatsächlich bestehenden Wohnung fotografieren ließ. Das Akronym „Flinta“ steht für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, Trans- und Agender-Personen.
Interessierte Ausstellungsbesucher können sich in die von Mina Mania mit Nanas besprühten und bedruckten Tücher aus Baumwolle hüllen, sich als „living sculptures“ fühlen, sich wie auf einem Catwalk bewegen und von der Künstlerin fotografieren zu lassen. edith riedl