Im Opern-Musizierhimmel der Superlativen

von Redaktion

Kraftvolle Gala der Opernchöre bei Immling Festival begeistert mit ihrer Vielfalt

Halfing – Singen ist gesund, fördert Gemeinschaftssinn zwischen Völkern und Generationen. Aber in erster Linie macht es glücklich. Nicht nur die Singenden, auch die Lauschenden, die sich bereitwillig von der euphorisierenden Klangwelle aus düsteren Gedanken krisengebeutelter Zeiten herausspülen lassen.

Schwalbe im Festspielhaus

So ging es den Gästen, die sich einen Platz in der Gala der Opernchöre des Immling Festivals gesichert hatten – und einer Schwalbe, die über den Köpfen der Zuhörer im Festspielhaus aus dem Flug ihre piepsige Stimme zu Verdi, Bizet und Wagner abgab. „Sie hat Spaß“, kommentierte die musikalische Leiterin Cornelia von Kerssenbrock.

Im Verlauf des Abends, an dem neben monumentalen Chören der Opernliteratur auch Werke aus Operette und Musical erklangen, steigerte sich dieser Spaßfaktor bis zum Jubel. Zugaben gab es nicht nur am Schluss, sondern, weil der Applaus nach einem speziellen Werk gar nicht abebbte, auch mal zwischendurch.

Allein der Anblick der großen Bühne – bis zum letzten Platz mit Chorsängern und den Musikern des Immling-Orchesters ausgefüllt, war imposant. Rossinis Ouvertüre aus „Wilhelm Tell“ als Begrüßung bannte schnell die anfängliche Unruhe. Husten, Räuspern, dann endlich Stille, sodass die Kraft der Musik zum Wirken kam. Von Kerssenbrocks Taktstock als Vermittler, sie selbst, ganz im Auftrag der großen Opernliteraten agierend. Das Immling-Orchester, innerlich wie äußerlich aufgeräumt, war so ganz bereit für überwältigende Klangbilder.

Das erste Chorwerk, „Che interminabile Adiri vieni“ aus „Don Pasquale“ von Donizetti spülte jeden Zweifel hinweg: Dieser Chor ist großartig. Sofort war Direktheit und Nähe zu den Menschen hergestellt – ein homogenes, schlankes und höchst transparentes Klangbild, das auch den Solisten Entfaltungsraum gab: Diana Alexe und Leonardo Sanchez zeigten ihre stimmliche Brillanz in „Della crudele isotta“ aus „L’esir d’amour“ – den „Liebestrank“ verabreichte man den hingerissenen Zuhörern übers Hören. Im volltönigen Bass erfreute Giorgi Chelidze mit Verdis „Sperate, o Figli!“ aus „Nabucco“, bevor der Kinderchor des Immling Festivals unter Leitung von Iris Schmid mit „Vois sur ton chemin“ aus „Die Kinder des M. Mathieu“ von Bruno Coulais sein Bestes gab – und klarstellte, dass es (zumindest in Immling) keine Nachwuchssorgen gibt.

Die beiden Tenöre Gunnar Björn Jónsson und Leonardo Sanchez ließen die Zuhörer im Duett des Macbeth-Hits „Dove siam…La Patria Tradita“ von Verdi dahinschmelzen und auch Bariton Vitalii Lashko wusste mit kraftvollem Bariton mit „Votre Toast“ aus Bizets „Carmen“ die Stimmung hochzukochen. Mit Singen allein ist es für einen guten Opernchor nicht getan. Den Handlungen der einzelnen Werke entsprechend, muss Emotion und Spannung auch körperlich und mimisch ausgedrückt werden. Das gelang hexenhaft gut, unter anderem im Hexenklatsch über die Ankunft des Königs – „Che Faceste?“ aus Verdis „Macbeth“.

Weil das Immling Festival mehr als Oper kann, machte man im zweiten Teil des Abends einen Abstecher zu Musical und Operette: „So long“ aus „On the town“ und „I feel pretty“ aus der „Westside Story“ von Leonard Bernstein lockerte mit coolem Drive die Nackenmuskulatur. Absoluter Höhepunkt des Abends war ein eher weniger bekanntes Chorstück: „Dry your tears, Africa“ aus „Amistad“ von John Williams. Dazu hatte Kerssenbrock den Dirigierstab an den namibischen Komponisten Eslon Hindundu abgegeben, der Orchester und Chor zur Höchstleistung antrieb und das Publikum aus den Sitzen riss. In der Konsequenz nicht enden wollenden Jubels erklang das Werk, nicht weniger intensiv dargeboten, ein zweites Mal. Ob das zu toppen wäre? Ein schweres Los für die Solistin, die im Anschluss mit „Regina Coeli … Inneggiamo“ von Pietro Mascagni antreten musste. Unglaublich: Mezzosopranistin Veronika Tokareva sah sich offenbar beflügelt, schöpfte aus dem tiefsten Inneren und löste den nächsten Jubelsturm aus.

Eine Zugabe folgte der nächsten

Und, wenn man schon mal im Musizierhimmel der Superlativen angekommen war, wieso nicht gleich weitermachen? Eine Zugabe folgte der nächsten – und das Opern-Schwälblein, beim Verlassen des Festspielhauses, dem Ruf der Wildnis – wo sie ihr Abenteuer hoffentlich weitererzählt.

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