Rosenheim – „Wir feiern heute das 25-jährige Bestehen eines Vereins, der 1999 von Willi Schmid und Professor Bernd Westermann gegründet wurde“, erklärte Dr. Barbara Mütter, Vorsitzende der Goethe-Gesellschaft Rosenheim, bei ihrer Begrüßung der zahlreichen Festgäste im Künstlerhof am Ludwigsplatz. In dieser Zeit habe es etwa 300 Vorträge und Veranstaltungen gegeben, in deren Mittelpunkt das Werk Goethes und seiner Nachfolger gestanden hat. Auf großen Anklang gestoßen seien auch die Reisen nach Wien, Meran, Leipzig und Frankfurt. Ein aktiver Vorstand habe stets kompetente Referenten gefunden. Besonders dankte Mütter der Stadt Rosenheim und den Spendern für ihre Unterstützung.
Rosenheims Dritte Bürgermeisterin Gabriele Leicht wies in ihrem Grußwort auf die große Bedeutung der Goethe-Gesellschaft im kulturellen Leben Rosenheims hin, und dankte den beiden Vereinsgründern, die eine breite Öffentlichkeit erschlossen hätten. „Goethes Werk ist auch heute noch visionär und hochaktuell“, so Leicht.
Den Festvortrag mit dem Titel „Man halte sich ans fortschreitende Leben – die Goethe-Gesellschaft in Geschichte und Gegenwart“ hielt Professor Jochen Golz, Ehrenpräsident der Goethe-Gesellschaft Weimar und ihr langjähriger Vorsitzender. Golz, der seit dem Jahr 2000 bei der Goethe-Gesellschaft Rosenheim jeweils zu einem Goethe-Thema spricht, beleuchtete sachkundig und anschaulich die wechselvolle Geschichte der Goethe-Gesellschaft seit ihrer Gründung.
Goethes letzter Enkel Walther Wolfgang von Goethe, 1885 gestorben, hatte das Wohnhaus des Dichters am Frauenplan dem Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach und damit dessen Herrscher Carl Alexander, den handschriftlichen Nachlass Goethes hingegen der Großherzogin Sophie vermacht. Im selben Jahr noch wurden ein Goethe-Archiv und das Goethe-Nationalmuseum gegründet. „Wissenschaftlern wurde aber nur im Ausnahmefall Zugang zu den Originaldokumenten gestattet“, erklärte Golz. Im Geist der Zeit mit viel nationalem Pathos wurde im Juni 1885 die Goethe-Gesellschaft Weimar gegründet und 1886 das Goethe-Museum, seit 1880 existierte die Goethe-Schriftenreihe.
Eine zunächst abwartende Haltung habe die Goethe-Gesellschaft 1933 eingenommen, allerdings seien ab Hitlers Machtübernahme keine Juden mehr aufgenommen worden. 1939 musste die Goethe-Gesellschaft ihre Tätigkeit einstellen, konnte 1946 ihre Arbeit wieder aufnehmen. „In der DDR hatte man Furcht vor Gruppenbildung“, so habe sich die Gesellschaft unter das Dach des DDR Kulturbundes begeben müssen.
Die Goethe-Gesellschaft, eine gesamtdeutsche literarische Vereinigung, geriet auch in die Spannungen des Kalten Krieges. Indem sie sich 1967 einen internationalen Status gab, konnte eine drohende Spaltung verhindert werden. Seit 1990 konnte die Goethe-Gesellschaft international agieren. „Ich hoffe“, so Golz abschließend, „dass die Gesellschaft weiterhin lebendig bleibt, getreu Goethes Wort ,Des Lebens Pulse schlagen frisch lebendig‘.“
Vor dem Festessen ließ Ulrich Noltenhans noch einmal kurz die zehn Jahre seines Vorsitzes Revue passieren. In über 90 Vorträgen seien in der Goethe-Gesellschaft Rosenheim die Literatur der Vergangenheit und der Gegenwart Thema gewesen. Noltenhans dankte dem Vorstand, aber auch den Vereinsmitgliedern für ihre Resonanz sowie Professor Dietmar Hundt, Dr. Michael Schmidt und Ralf Siegel für zahlreiche hochkarätige Vorträge. „Für mich“, so der ehemalige Vorsitzende, „hat es sich gelohnt, sich für die Literatur der Goethe-Zeit einzusetzen“.Georg Füchtner