Rosenheim – Diesmal steht der Kammerchor Rosenheim hinter und rund um den Altar der Nikolauskirche und gibt damit dem Instrumentalsolisten eine Art Ehrenrotunde. Bei der Abendmusik am Todestag von Johann Sebastian Bach spielt der aus Chile stammende Barockgeiger Yves Ytier die ersten vier Sätze aus Bachs Partita Nr. 2 in d-Moll. Ruhig pulsierend und sehr melodiös beginnt er die Allemanda, dynamisch sehr variabel und fast ehrfürchtig zu den Spitzentönen aufsteigend, wovon die Zweiunddreißigstel wieder hurtig hinunterpurzeln. In der extrem nachhalligen Akustik verschlingen sich die Töne wie in einem Tibet-Teppich. Vor allem aber begeistert die tänzerische Leichtigkeit, mit der Ytier alles angeht. In der Corrente fließen die Punktierungen und Triolen fast ineinander, Ytier verbiegt seinen Körper und geht oft in die Knie, als ob er vor den Wundern dieser Musik in die Knie gehen würde. Die Leichtigkeit ohne viel Bogendruck macht die Sarabande schwerelos, luftig und hell glänzend. Die Giga im Zwölf-Achtel-Takt ist nicht wild, sondern voller tänzerischer Lebensfreude.
Gemeindereferentin Hannelore Maurer sinniert dazwischen in klugen Worten über Bachs Bedeutung für uns. Das weite Auseinanderstehen der Sänger bewirkte, dass die Bach-Choräle monumental wie ein Donnerwort wirkten („O Ewigkeit, du Donnerwort“), der Choral „Welt, ade! Ich bin dein müde“ von Johann Rosenmüller floss an- und abschwellend schön dahin, „Die Nacht ist kommen“ von Max Reger schärfte sich in der zweiten Strophe („Treib, Herr, von uns fern die unreinen Geister“). Der herzliche Beifall steigerte sich enorm für Yves Ytier, den tänzerischen Geiger. RAINER W. JANKA