Rosenheim – Kaum waren die Feierlichkeiten des GTEV „D’Griabinga-Hohenaschau“ zu Ende gegangen, da feierten die Mitglieder des Gebirgstrachtenvereins „D’Jenbachtaler Feilnbach“ ebenfalls 140 Jahre des Vereinsbestehens. Beide Vereine haben regelrechte Sprachschmankerl im Namen: Die „Griabinga“ sind, wie man meinen könnte, nicht etwa nach einem Ortsnamen Griabing benannt, sondern sie führen die Bezeichnung einer Art bairischer Lebensphilosophie in ihrem Namen: Das Wort „griabig/ griawig“ steht zugleich für Entspanntheit und Rührigkeit, für Gemütlichkeit und Produktivität.
Die „Jenbachtaler“ haben einen Landschaftsnamen in ihrer Vereinsbezeichnung, und der hat es in sich: Damit ist das Tal erwähnt, in dem der Jenbach fließt, den aber die einheimischen Feilnbacher alias „Feimbegga“ nicht als Jenbach, sondern als „Ea/n/boch“ aussprechen. Die auf Wikipedia und anderswo kursierende Namenserklärung des Jenbachs als „jäher“ Bach ist damit hinfällig.
Vielmehr wurde aus dem frühmittelalterlichen „Uoninpach“ (= Bach, der nach dem Anwohner Uono benannt worden war) ein „Ienbach“ und etwas später der „Ea/n/boch“, weil in unserem Bairisch vor Nasal (m, n, ng) ein /ie/ zu /ea/ verändert wurde. Man vergleiche Kienberg und Chieming als „Kea/n/berg“ und „Keaming“. Das /n/ nach /ie/ und /ea/ ist hier übrigens nur als Nasalierung hörbar.
Nicht weniger interessant ist die Bezeichnung der Dachverbände, denen die bayerischen Gebirgstrachtenerhaltungsvereine angehören, Hier erscheint jeweils der Oberbegriff „Gau“, der beispielsweise in den Begriffen „Gauverband I“ und „Gauverband Chiemgau-Alpenland“ – hier gleich zweimal – vorkommt: „D’Griabinga“ gehören dem letzteren, „D‘ Jenbachtaler“ dem ersteren Gauverband an.
Kurze Umfrage zum Wort „Gau“: Christine, Studentin aus München, erklärt: Ein Gau, meist mit Großbuchstaben als GAU geschrieben, sei ein Akronym aus „Größter anzunehmender Unfall“. Die Reaktorkatastrophe, von Tschernobyl im April 1986 sei, so die Studentin, sogar ein Super-GAU gewesen. Das Wort „Gauverband“ kenne sie nicht.
Feriengast Maria aus Niedersachsen beantwortet die Frage schlagfertig: „Ein Gau ist das Zweite, was in ‚Chiemgau‘ steckt“. So weit, so gut. Aber was bedeutet Gau in Chiemgau, Gauverband und Gaufest sowie in den Ortsnamen Oberammergau und Gau-Algesheim wortwörtlich?
Im „Kluge“ – Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache von Kluge/ Seebold – steht: Gau, mittelhochdeutsch gou, göu, geu, althochdeutsch gewi, gouwi, bedeutet „Gegend, Landschaft“. Der (nicht: das!) Chiemgau, im achten Jahrhundert als „Chimingaoe“ erwähnt und später zu „Chiemgau“ verkürzt, war zunächst nur die Gegend um das Dorf Chieming herum, bis er die gesamte Landschaft um den Chiemsee herum bezeichnete. Östlich des Chiemgaus befand sich der Salzburggau, westlich der Sundergau. „A Sundergau“, berichtet der Stefan aus Kutterling, „war koa Thema im Heimatkundeunterricht ned!“ Also, ihr Gauverbände und für Bayern engagierte Leute: Der Sundergau war zur Zeit von Herzog Tassilo III. die Bezeichnung für die Grafschaft oder mehrere Grafschaften in der Region zwischen Isar und Inn, insbesondere für das Mangfalltal und den Altlandkreis Bad Aibling. „Sunder?“, fragt der Stefan. „Südlich“. „Aha. Südgau!“ Armin Höfer