Halfing – Die Sonne lacht ein letztes Mal über dem Festspielhaus des Immling Festival durch die Wolken hindurch. Es herrscht Abschiedsstimmung. Die adrett gekleideten Opernliebhaber erreichen gerade noch ihre Plätze, dann kippt das Wetter. Platzregen statt Schwüle.
Glanzvoller
Schlusspunkt
Aufgeladene Stimmung entlud sich auch auf der großen Bühne, wo das Immling Orchester, Opernchor und Solisten ein letztes Mal dem Publikum ihr Bestes gaben: Das Finale Grande setzte den glanzvollen Schlusspunkt der 28. Festspielzeit, bevor an dem idyllisch gelegenen Örtchen wieder Ruhe einkehrte. Damit aber der Abschied so richtig schwer fiel, wurde dem Publikum eine Art Best-of-Auswahl quer durch das Opernrepertoire kredenzt.
Die vielen Abstecher in bekannte Orchester- und Chorwerke jenseits des Operngenres ließen keinen Zweifel daran, dass Immling mehr als Oper kann – und will. Musikalisch Grenzen ausloten und überschreiten, offen sein für Neue(s) und Andere(s), Weitblick und Nachwuchsförderung schreibt sich dieser Ort der Kultur auf die Fahnen und will damit erreichen, dass sich unter das ältere Publikum, zunehmend junge Gesichter mischen.
Spielzeitende und kein bisschen müde: Fast schon Ohrensausen und Tanzbeinjucken entfesselte das Orchester unter dem energievollen Dirigat der musikalischen Leiterin Cornelia von Kerssenbrock – Brahms „Ungarischen Tänze Nr. 5 G-moll“ eröffnete den musikalischen Reigen mit Schmiss.
Nach dem Hallo-Wach-Erlebnis ging es dann auch schon an die großen Gesten noch größerer Gefühle: Das Duett „Cheti Cheti“ aus Donizettis „Don Pasquale“ und die Arie „Com‘ e Gentil“ ließen prickelnde Sehnsucht, Vorfreude und Liebe spüren, die zu interpretieren für Jan Zadlo, Giorgi Chelidze und Gunnar Björn Jonsson ein Leichtes war.
Heroisch und siegesgewiss donnerten Zaza Gagua, Giorgi Chelidze, Vitali Lashko, Jan Zadlo und Giorgi Lomiselli „Suoni la Tromba aus Bellinis „I Puritani“ ins Publikum und beschworen damit Zusammenhalt – was auch rein stimmlich und im Zusammenwirken mit dem Orchester voll gelang. Seinen ersten großen Auftritt des Abends hatte der Chor mit „Gerusalem!“ aus Verdis „I Lombardi“ und machte mit musikalischen Mitteln die Ambivalenz der Schönheit eines Ortes und die schrecklichen Ereignisse, die über ihn hereinfallen, glaubhaft.
Um bei Verdi zu bleiben, aber dem Ruf nach Frieden gerecht zu werden: Die sogenannte Friedensarie der Leonora, „Pace, Pace mio dio!“ aus „La Forza del Destino“, so wie Yunuet Laguna sie darbot, in gefühl- und zugleich kraftvollem Sopran, war ein echter Höhepunkt des Abends. Bevor sich die Musiker im Programm auf anderes Terrain bewegten, also weg von den populären Operngassenhauern, hin zum weniger (oder gar nicht) Opernhaften musste schon noch ein bisschen Puccini her: Mit der Sopranarie „O mio Babbino caro“ aus „Gianni Schicchi“ dürfte Liliia Lashko nicht nur den lieben Vater, sondern gleich das gesamte Publikum bezirzt haben und auch Joseph Dahdah überzeugte mit stimmlicher Brillanz in „E Lucevan le stelle“ aus „Tosca“.
Längst hatte der Abend seine mitreißende Dynamik entfaltet, welche mit Werken von Leonard Bernstein um amerikanische Coolness erweitert wurde: Das Orchester gab sich Kerssenbrocks aufmunternden Anweisungen mit Verve hin – Musical-Like und enthusiastisch riss „On the Town – 3 dance Episodes: III. Times Square“ mit – einfach klasse! Ein weiterer Bernstein gab Diana Alexe gewollt (und gekonnt) exaltiert zum Besten: „Glitter and be gay“ aus „Candide“ sorgte definitiv für die komische Note.
Saal zum
Jubeln gebracht
Eine echte Herzensangelegenheit war dann, wunderbar kontrastreich im Thema, das Liebeslied „Caruso“ von Lucio Dalla: Der junge Tenor Leonardo Sanchez hat alles, was ein Ausnahmeoperntalent braucht. So auch Theo Magongoma, der mit „The impossible Dream“ aus „The man of la Mancha“ den Saal zum Jubeln brachte.
Geschickt platziert, als ultimative Jubelarie, kam Vangelis‘ „Conquest of Paradise“ – der Abschiedsschmerz beider Seiten war auch mit etlichen Zugaben kaum zu lindern.