Traunstein – Ein wunderschönes, harmonisch in sich geschlossenes musikalisches Erlebnis war das dritte Konzert bei den Traunsteiner Sommerkonzerten im sehr gut besuchten Kulturforum Klosterkirche. Nur drei Akteure bestritten den Abend zum Thema Heinrich Heine „Schöne Wiege meiner Leiden“: Der großartige Bariton Konstantin Krimmel sang Vertonungen von Heine-Gedichten, komponiert von Musikern aus der romantischen Epoche wie Franz Liszt, Franz Schubert, Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann. Am Klavier begleitet wurde er – weich, einfühlsam, vollkommen harmonisch aufeinander abgestimmt – von dem in Jerusalem geborenen Pianisten Ammiel Bushakevitz. Allein durch ihre klare, fein modulierend und artikulierende Stimme faszinierte die Stimmkünstlerin Maren Ulrich, die einige Texte und Gedichte von Heinrich Heine (1797 bis 1856) rezitierte.
Eineinhalb Stunden lang war Heines Dichtkunst, sein messerscharfer Verstand als politischer Journalist und seine Emotionen – von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt – in den musikalischen Vertonungen hautnah erlebbar. Gerade die Rezitationskunst von Maren Ulrich, die zum Beispiel seine kritisch satirischen Texte, wie „Der revolutionäre Romantiker Harry Heine auf der Suche nach Identität“ oder „Engagiert und kritisch: Heines politische Fragen“ rezitierte, schufen ein authentisches Bild von der Persönlichkeit des berühmten, zu allen Zeiten umstrittenen und viel diskutierten Dichters.
Wunderschöne Lieder von Liebe und Sehnsucht zu Anfang des Programms wie Schuberts „Das Fischermädchen“ oder die berühmte „Loreley“ von Franz Liszt sang Konstantin Krimmel mit klarer Intonation und unfassbar weichem, modulierfähigem Bariton. Ebenso vermochte er Gänsehautmomente, grauenvolle Schwermut und Jammer zu vermitteln, so bei Schuberts „Belsatzar“ und Franz Schuberts berühmtem „Der Atlas“ („ich unglücksel´ger Atlas“), der „die ganze Welt der Schmerzen“ tragen muss und so unmissverständlich korreliert mit „Tod im Exil: Abdankung eines Dichters“, rezitiert von Maren Ulrich, in dem der schwerkranke, jahrelang bettlägerige Heine sein Schicksal in der „Matratzengruft“ in Paris beklagt.
Mit Robert Schumanns Liedern „Es leuchtet meine Liebe“ und „Mit Myrten und Rosen“ endete dieser Lieder- und Rezitationsabend mit drei großartigen Künstlern. Spätestens bei diesen Liedern wurde aus aller Trauer und Schwere ein wunderbares Bekenntnis zu Leben und Liebe über den Tod hinaus geboren: wütende, raue, furiose Töne bis zu sanften, zarten, fast sphärischen Klängen, die ins Jenseits münden.
Nach dem letzten Ton dauerte es lange, bis sich das Publikum von diesen tief beeindruckenden Liedern erholt hatten. Der einsetzende Applaus verebbte nur langsam. Eine Zugabe mit Robert Schumanns Vertonung von Heines „Die Lotosblume“ beschloss den Abend.Christiane Giesen