Eine große Fläche oberhalb der im Keller gelagerten Fässer

von Redaktion

Zum Unterschied zwischen Biergarten, Wirtsgarten und Gastgarten – Tische mit und ohne Decken

Rosenheim – Ist es ein sprachlicher Zufall beim Thema Wiesn und Biergarten, oder nicht? Genauso wie die „Wiesn“ hat nämlich auch der „Garten“ ein „n“ am Wortende. Wie hier kürzlich schon besprochen wurde, rutschte in der Einzahl des althochdeutschen (750 bis 1050) Wortes „wisa“, mittelhochdeutsch (1050-1350) „wise“, das im Genitiv, Dativ und Akkusativ vorhandene „n“ in den ersten Fall, den Nominativ, hinein: Aus „wise“, später „wis“, wurde im Bairischen „d Wiesn“. Im Schriftdeutschen hat sich aber, anders als im Bairischen, die ältere Schreibung „Wiese“ mit der ursprünglichen e-Endung erhalten.

Das Flexions-n hat sich allerdings in gar nicht unbeträchtlicher Anzahl an Wörtern nicht nur im Bairischen in den Nominativ Singular – ersten Fall Einzahl – katapultiert, sondern auch im Schriftdeutschen.

Der althochdeutsche „scado“, Genitiv: „scaden“ und „scadin“ wurde schriftdeutsch zum „Schaden“. Und der Garten? Dieses Wort hieß im Althochdeutschen „garto“, im Genitiv „garten“ und „gartin“ und nahm das Flexions-/Beugungs-n ebenfalls in den ersten Fall mit hinein: Schriftdeutsch, standarddeutsch, hochdeutsch, bairisch „Garten“.

Abgesehen von der hier vermerkten sprachlichen Parallele haben „d Wiesn“ und „da Gartn“, insbesondere zur „Wiesn-Zeit“, auch gewisse inhaltliche Parallelen. Für Rosenheim meinen wir hier nicht den wunderschönen Riedergarten oder den Stadtteil Egarten, sondern passend zur Herbstfest-Zeit und zur baldigen Oktoberfest-Zeit die Begriffe „Biergarten“, „Wirtsgarten“ und „Gastgarten“.

Hier ein Versuch der Begriffsklärung. Der „Garten“, althochdeutsch „garto“, war und ist, allgemein gesagt, zunächst ein eingezäuntes, umfriedetes Stück Land zum Anbau von Pflanzen, manchmal aber auch zur Hege und Pflege von Tieren. Im Vergleich dazu bezeichnet Egarten, laut Duden „die Egart“, althochdeutsch „egerta“, mittelhochdeutsch „egerte, egarde“, dagegen Grasland, das in anderen Jahren als Acker genutzt wird, eine Brache. Sprachhistorisch gesehen sind also „egerta“ und „garto“ Begriffe mit unterschiedlicher Herkunft.

Im Zusammenhang mit der Wiesn geht es hier aber nicht um einen Pflanzgarten, Apothekergarten, Weingarten oder gar um den Englischen Garten, den berühmten Park in München, sondern um den Biergarten, Gastgarten und Wirtsgarten. Oft hört man, die drei Begriffe bezeichnen allesamt dasselbe, nämlich den Teil einer Gaststätte, der von den Gästen im Freien genutzt wird. Vielleicht ist es dem Tourismus geschuldet, wenn zwei Tische und Bänke eines Kioskes das Schild „Biergarten“ oder „Beer Garden“ haben!

Ursprünglich war der Biergarten aber allein eine große gartenähnliche Fläche oberhalb der im Bierkeller gelagerten Bierfässer einer Brauerei, wo der Brauer unter schattigen Kastanienbäumen, die den Bierkeller kühl halten sollten, sein Bier ausschenkte. Die Brotzeit durften die Gäste selber mitbringen.

Heutzutage wird beim Biergarten oft zwischen mit Tischdecken gezierten Tischen und solchen ohne Tischdecke unterschieden; nur bei den Letzteren darf mitgebrachtes Essen verzehrt werden.

Alle anderen Bereiche, die bei einer Gaststätte, einem Wirtshaus, im Freien liegen, hießen „Wirtsgärten“, nicht: „Biergärten“. Die Speisen gab es ausschließlich von der Gastwirtschaft. Und der Gastgarten? So heißt der Wirtsgarten, und wohl auch der Biergarten, auf Österreichisch. Armin Höfer

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