Rosenheim – Mausmenschen, seltsame Villen und eine Expedition zu einer eigenartigen Insel – das alles sind Ingredienzen der Ausstellung „Polyphone Ablagerungen“ von Herbert Nauderer. Aktuell zu sehen und zu erleben im Rosenheimer Kunstverein in der Klepperstraße, in einem ebenfalls besonderen und von Wasser umgebenen Gebäude. Wer sich dorthin wagt, findet sich in einer Art Parallelwelt wieder, die an Graphic Novels erinnert oder an die alten Schwarzweißfilme von Fritz Lang.
Herbert Nauderer lebt und arbeitet in München, er studierte an der Münchner Kunstakademie bei Mac Zimmermann und Robin Page und ist zusätzlich als Musiker aktiv. Mit Sebi Tramontana (Posaune) und Jost Hecker am Cello wird er selbst als Schlagzeuger zur Finissage spielen.
Düstere
Szenarien
Speziell für die Ausstellung im Kunstverein hat Nauderer neue Großformate mitgebracht. Es sind düster wirkende Szenerien, sie könnten Skizzen als Vorlage für einen Gruselfilm sein, menschenleere Parks und finstere Häuser, wie „Haus I“ aus der Reihe „Tales from a strange Planet“. Wie Dr. Olena Balun als Vorsitzende des Kunstvereins in ihrer Begrüßung anmerkte: „Jede Zeichnung ist eine Geschichte für sich. Sie sehen Texte, die hier integriert sind und die Motive kommentieren. Sie können immer autonom gesehen werden. Und sie können als Kapitel eines dunklen Märchens oder eines Film noir gelesen werden. Die Reihenfolge ist nicht fest.“
Der Kern der Ausstellung Nauderers, der 2021 während der Pandemie bereits in der Städtischen Galerie Rosenheim ausgestellt hat, ist das geheimnisvolle „Paradise Island“ – eine Insel, die es nur in alten Atlanten gab und die von der Bildfläche verschwunden zu sein scheint. Eine Insel wie aus einem „King Kong“-Film, nur noch rätselhafter. In Schaukästen hat Nauderer mit Typoskripten und alten Fotos eine angebliche Expedition dokumentiert, die auf dem Weg zur Insel war. Ein „Norge Tensing“ nimmt am 15. August 1969 Bodenproben, ein aufgeschlagenes Buch zeigt eine Karte von Paradise Island und ein kleines Modell stellt einen Beobachtungsturm dar. Ums Eck an einer Art „Profiler-Wand“ finden sich weitere seltsame Zeugnisse, die die Betrachter zu eigenen Schlussfolgerungen herausfordern.
Nachforschungen
des Professors
Der Clou: In einer Videokabine sind zwei Filme mit Statements von Personen zu sehen, zur Linken handelt sich um einen Professor Kuhland. Er berichtet von eigenen Nachforschungen zur Rätsel-Insel und geht auf alte Landkarten und Google Maps ein. Wer die „Rosenheim-Cops“ anschaut, erkennt hier ein bekanntes Gesicht, den Schauspieler Alexander Duda. Sein Konterpart ist seine Frau, die Schauspielerin Jutta Schmuttermaier. Wenn man beiden konzentriert zuhört, wird es hoch spannend, denn es geht bei ihr um Sprach- und Gesellschaftskritik, Professor Kuhland/Duda entpuppt sich dagegen als Verschwörungstheoretiker.
Nauderer ist mit der Ausstellung auf mehreren Ebenen unterwegs, von gruselig über subtil anregend bis hin zu politisch-satirisch. Vielleicht ist alles aber auch nur ein großer Spaß – einfach hingehen und mitspekulieren.