Grassau – Zum Abschluss eines sechstägigen Meisterkurses für Barockgesang in der Villa Sawallisch werden sich sieben Meisterstudenten und junge Profisängerinnen aus Europa, Australien und China dem Publikum im Hefter-Saal präsentieren. Begleitet werden die Sängerinnen vom Orchester Accademia di Monaco. Für was steht barockes Musiktheater? Ein Gespräch mit Joachim Tschiedel, stellvertretender Leiter des Masterstudiengang Musiktheater an der Theaterakademie August Everding und Dirigent des Konzerts.
Die Accademia di Monaco spielt auf historischen Instrumenten. Was macht den Reiz der alten Instrumente aus?
Die Klanglichkeit ist ganz anders. Es ist ein weicher, beinahe goldener Schimmer, ein zarterer Klang. Dazu kommt, dass die Instrumente tiefer gestimmt sind. Man kann viel mehr Attacke geben: Es ist nie zu viel. Seit einigen Jahrzehnten gibt es Bemühungen, die historische Aufführungspraxis wieder aufleben zu lassen, und erforscht dafür altes Quellenmaterial, sei es, was Bogenstrich, Triller oder Vibrato betrifft. Wenn Sie so wollen, hat sich damit die stilistische Bandbreite geweitet und der Aufführungspraxis anderes Leben eingehaucht.
Barockgesang – da denkt man an Kastraten, den Film Farinelli oder auch an die Sopranistin Julia Lezhneva.
Dank der vielen alten Quellen weiß man heute, dass der Gesang früher dem Publikum wichtiger war als das Orchesterspiel. Barocke Sänger waren Meister der Improvisationskunst, hatten sozusagen einen Baukasten an Verzierungen. Was wiederum bedeutete, dass jede Melodie anders verziert werden konnte und sollte. Das Publikum war ganz scharf darauf, zu hören, wie die Sänger Melodien verzierten. Der Meisterkurs Barockgesang, den Nicola Beller Carbone, international gefragte Sopranistin und Dozentin des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper, anbietet, wird sich genau damit beschäftigen. Wo und wie darf beziehungsweise soll man verzieren? Wir als Orchester, Konzertmeisterin wird Meret Lüthi sein, werden erst später dazustoßen und natürlich beim Konzert begleiten. Die Zuhörer dürfen also gespannt sein.
Das Konzert wird von der Johann-Adolph-Hasse-Gesellschaft München gefördert. Was verbindet die Accademia mit dem gemeinnützigen Verein?
Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren gründete sich unser Orchester, das Konzertmeisterin Mary Utiger, Professorin für Barockgeige an der Hochschule für Musik und Theater München, und ich leiten. Hier kommen Studierende und Absolventinnen und Absolventen des Studios für historische Aufführungspraxis der Hochschule für Musik und Theater München und anderer Musikhochschulen aus mehr als acht Nationen sowie Profi-Gäste im Sinne einer musikalischen Patenschaft zusammen. Wir sehen uns an der Schnittstelle zwischen Ausbildung und Beruf. Wir sind vermutlich in unserer Ausrichtung einzigartig in Deutschland. Johann Adolph Hasse (1699-1783) war ein Opernkomponist, der heute leider in Vergessenheit geraten ist. Dabei bedeutet er musikgeschichtlich so viel.
Die J.A. Hasse Gesellschaft München hat sich 1986 gegründet, mit dem Ziel, Musikwissenschaft und Forschung zu fördern, um das umfangreiche, jedoch in der heutigen Zeit weitgehend unbekannte, musikalische Werk Hasses neu zu beleben. Damit soll wertvolles, in den Archiven ganz Europas ruhendes Kulturgut der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden. Dies wird verwirklicht durch Veranstaltung von Vokal- und Instrumentalkonzerten sowie durch Förderung von Aufführungen wiederentdeckter oder bekannter Werke Hasses.
Man darf also viel Hasse beim Konzert erwarten?
Es wird ein abwechslungsreiches Programm: Einige Werke wird man kennen, aber es werden auch unbekanntere Stücke zu hören sein. Wir haben tief in den Archiven gewühlt und viele schöne Schätze von Hasse, G. F. Händel und anderen geborgen. Das Publikum erwartet wahrlich ein musikalisches Feuerwerk an Barockmusiktheater.
Interview: Elisabeth Kirchner