Ukrainer spielen österreichische Walzer

von Redaktion

Neue CD von Max Kendlinger und den K&K Philharmonikern

Im Jahre 2002 rief Matthias Georg Kendlinger aus Walchsee sein eigenes Sinfonieorchester ins Leben, die K&K Philharmoniker, deren Mitglieder alle aus dem ukrainischen Lemberg stammen, also aus dem früheren Kronland der österreichisch-ungarischen K.-und-k.-Monarchie. Vielleicht haben sie deswegen den Schwung und den Schmiss der Walzer und Märsche der Familie Strauß noch in den Genen. Denn mit dieser Musik reisen Kendlinger und sein Orchester rund um die Welt und gastieren in den größten und bedeutendsten Konzertsälen. Seit Kendlinger sich mehr aufs Komponieren verlegt hat, dirigiert sein jetzt 26-jähriger Sohn Max umso öfter. Das Programm, mit dem das Orchester im Januar dieses Jahres im Rosenheimer Kultur- und Kongress-Zentrum aufgespielt hat, liegt nun auf einer CD beim Label Da Capo vor, als Live-Aufnahme aus dem Konzerthaus Berlin und als Geburtstags-Hommage an Johann Strauß.

Unter Max Kendlingers straffer Leitung dampft energieprall und trillerpfeifend die Eisenbahn („Bahn frei!“) vorüber, glänzen mit seidigen Geigenklängen die Zitronen im gleichnamigen Walzer und schwirrt gelassen „Die Libelle“ als Polka mazur.

Wenn Österreicher marschieren, dann tanzen sie – auch wenn der Komponist ein Berliner ist, nämlich August Lindemann. Sein Marsch „Unterm Grillenbanner“ zitiert mehrere Strauss-Walzer-Melodien. Matthias Georg Kendlinger hat den Marsch noch ein bisschen krachender bearbeitet, unter Sohn Max kommt er im federnden Geschwindschritt daher.

Natürlich dürfen die ewigen Zugaben, Donauwalzer und Radetzky-Marsch, nicht fehlen, auch der Kaiserwalzer kommt sowohl grazil als auch majestätisch und dann symphonisch überwältigend daher. Aber das überraschendste Stück ist die Sinfonische Dichtung „Traumbild“ von Johann Strauß (Sohn): Die fein spielenden Holzbläser beginnen im langsamen Walzertakt, dann wird’s klangsatt-schwelgerisch, die Blechbläser blasen einen Choral wie bei Anton Bruckner, das Orchester erhitzt sich wie bei Richard Wagner, Melodik wie bei Antonin Dvorcák blüht auf – kein Wunder, dass Brahms fast neidisch war auf seinen Freund Strauß. Diese 60 Minuten österreichische Musik, feinst gespielt von Ukrainern, sind ein Ohrenschmaus.

Rainer W. Janka

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