Mit wahrer Schöpfungsfreude gesungen

von Redaktion

Äußerst gelungenes Haydn-Oratorium „Die Schöpfung“ in Bad Feilnbach

Bad Feilnbach – Nur zu gerne springen nach einem Konzert die Zuhörer sofort auf und spenden stehenden Beifall – diesmal war’s berechtigt. Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ in der Herz-Jesu-Kirche war rundherum gelungen. Andreas Hellfritsch, evangelischer Kirchenmusikdirektor an der Christuskirche Bad Aibling, hat seinen Kirchenchor gehörig verstärkt zu einem den ganzen Altarraum füllenden stimmstarken Oratorienchor.

Sänger waren
gut einstudiert

Die Männerstimmen standen in der Mitte, sodass sie gut zu hören waren, denn natürlich waren die Frauenstimmen weit in der Überzahl. Das führte beim Hören oft zu einer Art Stereo-Effekt, bei den homophonen Passagen erfreute die Chorwucht. Alle Sänger waren gut einstudiert, hatten immer Blickkontakt zum Dirigenten und strahlten Sicherheit aus.

Hellfritsch wählte moderate Tempi, sodass der Chor die Jubelchöre mit durchschlagender Wirkung und mit wahrer Schöpfungsfreude aussingen konnten, als hätten sie die Schöpfung selber geschaffen. Die Fugen präsentierten sie so machtvoll, als wollten sie zeigen, wie geordnet Gottes Schöpfung ist. Nur vor „und es ward Licht“ detonierten die Sänger leicht und crescendierten auch schon vor der C-Dur-Licht-Explosion. Dafür skandierten sie „Verzweiflung, Wut und Schrecken“, die Luzifers Höllensturz begleiten, wörtlich wuterfüllt.

So bildkräftig spielte auch das reaktionsschnelle Orchester, das Seraphin-Ensemble München, mit markant-scharfen Bläsern, darunter eine lieblich-süße Flöte und die nicht immer fehlerfreien Hörner, und sehr inspiriert, ja bisweilen überschäumend aufspielenden Streichern. Deutlich spannungsvoll geriet der Sonnenaufgang in Nr. 13, gar schröcklich brausten die Stürme, flogen die Wolken, zuckten die Blitze und rollte der Donner in Nr. 4, die die Scheidung des Landes vom Wasser beschreibt.

Sehr gut ausgesucht im harmonischen Einklang waren die drei Solisten: Flore Van Meerssche, Hermann Oswald und Christof Hartkopf. Sie sangen mehr lyrisch als dramatisch, konnten dadurch aber auch viel mehr vokale Feinheiten realisieren. Hermann Oswald begann gleich hellflammend und verkündigungseifrig, ließ emphatisch die Sonne aufsteigen und sanft den Mond schleichen und stellte hochanimiert in der berühmten Arie „Mit Würd‘ und Hoheit angetan“ den gen Himmel aufgerichteten ersten Menschen, den Mann, vor uns Zuhörer hin.

Christoph Hartkopf erwies sich als wahrer „Basso cantante“ mit warmem Bassbariton und rhetorischer Ausdruckskraft, wobei sich das, was er sang, immer in seinem Gesicht abmalte. So war die Schilderung der Erschaffung der einzelnen Tiere ein nicht nur hörbares, sondern auch sichtbares Vergnügen, wenn er zum Beispiel die Erschaffung der Insekten sprachlich verdeutlichte durch Verstärkung der summenden Konsonanten und sich gleichzeitig eine imaginäre Fliege aus dem Gesicht wischte.

Adam und Eva
sangen sich an

Mit ihrem leicht angesetzten und schnell aufblühenden und ebenso leicht sich in jubelnde Höhen erhebenden mädchenhaft hellen Sopran verzauberte Flore Van Meerssche alle Zuhörer, anmutig ließ sie die Tauben girren und duettierte sich dabei schön mit der Flöte, geschickt verzierte sie so manche Arie und sang einfach sonnig-heiter. Beide sangen sich als Adam und Eva direkt an und schmunzelten dabei ironisch über die Rollenverteilung in ihrer Ehe: „Dein Will‘ ist mir Gesetz!“ muss Eva singen und „Dir gewidmet ist mein Leben!“ muss Adam antworten, überfließend vor Liebe zueinander war ihr lyrischer Zweigesang.

Nach dem dauerjubelnden Schlusschor entlud sich die Spannung der Zuhörer in der gut gefüllten Kirche in langen, herzlichen und anerkennenden Applaus.

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