Ausstellung über surrealistische Filmklassiker

von Redaktion

Peter Syr aus Haag konzipiert Schau über „Mysterien eines Frisiersalons“ von Bert Brecht und Karl Valentin

Haag/München – Drei Wochen lang war im Innenhof des Isartores in München eine großformatige Ausstellung über den avantgardistischen Film „Mysterien eines Frisiersalons“ von 1923 zu sehen, die einzige konkrete Zusammenarbeit von Karl Valentin und Bert Brecht. Konzipiert hatte die Schau der Haager Ausstellungsmacher Peter Syr.

Mit dem Werk setzten Valentin und Brecht 1923 einen ersten Meilenstein des surrealistischen Films. Weitere Filme dieses Genres, wie „Ein andalusischer Hund“ (Un chien andalou) und „Das goldene Zeitalter“ (L’Âge d’Or) von Salvador Dalí entstanden erst 1928. Karl Valentin war auch hier wieder der Vorreiter.

Nach Valentins „Hochzeit“ von 1913, dem ersten komischen Film der Welt noch vor Charly Chaplin und all den anderen, und nach „Karl Valentin und Liesl Karlstadt auf dem Oktoberfest“, dem ersten Infotainment-Projekt überhaupt von 1921, kreierte er, zusammen mit Brecht, in den „Mysterien eines Frisiersalons“ eine neue Form der Filmerzählung. Valentin spielte auch die Hauptrolle.

Der Film war lange verschollen. 1976 wurde er von Enno Patalas, dem damaligen Leiter des Filmmuseums in München, und Peter Syr im Filmarchiv in Moskau wiederentdeckt. Der Film war wohl Teil sowjetischer Beutekunst im Krieg aus einem Kino oder einem Archiv in Berlin. Die Kopie war allerdings in einem denkbar schlechten Zustand.

Die Bilder der Ausstellung stammen direkt aus der Filmkopie. Hierzu musste Syr aufwendig restaurieren und rekonstruieren. Dem Stummfilm musste seine originale Geschwindigkeit von 16 Bildern/sec wiedergegeben werden, Zwischentitel wurden ergänzt und erneuert, Kontrast und Schärfe angepasst. „So wurden die ‚Mysterien‘ wieder ansehbar“, erklärt Peter Syr.

Was aber bislang fehlte, war der Ton. „Stummfilme waren nie wirklich stumm. Sie wurden am Klavier, oder von ganzen Orchestern live im Kino begleitet“, so Syr. Zu den „Mysterien eines Frisiersalons“ war keine Musik erhalten oder überliefert. Das änderte Peter Syr.

Er sprach den Liedermacher und Komponisten Konstantin Wecker an. Wecker war von der Idee sofort begeistert. Nach intensiven Gesprächen und präzisen Vorbereitungen kam es dazu, dass er mit Florian Moser den Film vertont hat. Mit aufwendiger Recherche und intensiver Kompositionsarbeit, die über ein halbes Jahr dauerten, entstand aus dem Filmmaterial und der neu komponierten Musik ein neues Kunstwerk, ja eine Stummfilm-Oper von 42 Minuten. Im September hatte dieser neue Film in der Ausstellung im Isartor seine Weltpremiere.

Die Filmsatire ist voll von skurrilen Einfällen und schwarzem Humor. Da wird im Friseursalon aus Versehen ein Kunde geköpft, dem der Kopf kurzerhand wieder auf den Körper gesetzt wird, es gibt ein Duell mit Säbeln und am Schluss ein Happy-End, als der scheinbar durch eine Kugel getötete Valentin sich das tennisballgroße Geschoss aus der Brust holt, über den Tod philosophiert und die Frisiermamsell doch noch ihren Helden bekommt. Ludwig Meindl

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