Eine Schubertiade als Gesamtkunstwerk

von Redaktion

„Ausklang II“ bei Tiroler Festspielen in Erl mit Musicbanda Franui und Tobias Moretti

Erl – Solch einen Besucherandrang hat man in Erl selten erlebt. Aufgrund des kalten Regenwetters wurde der „Ausklang II“ vom Passionsspielhaus kurzerhand in den geheizten Saal des Festspielhauses verlegt, sogar der Orchestergraben war extra bestuhlt. Ein weiterer Grund dürfte im Auftritt des populären Schauspielers Tobias Moretti als Rezitator und Sänger gelegen haben.

Unter dem Motto „Wir sehnen uns nach Hause / Und wissen nicht wohin“, einem Zitat von Joseph von Eichendorff, gestalteten Moretti und die Musicbanda Franui den ersten Teil des Abends. Neben Liedern von Schubert, Brahms und Mahler standen auch Gedichte und Texte von Eichendorff, Tucholsky, Jandl und H.C. Artmann auf dem Programm. Im zweiten Teil luden das „Simply Quartet“, das Wienerlied-Duo „Die Strottern“ und „The Erlkings“ zu einer unkonventionellen Schubertiade ein. Im letzten Teil schließlich präsentierten sich alle Mitwirkenden gemeinsam auf der Bühne.

Melodische Klangeffekte

Die Idee, im ersten Teil einzelne Gedichte musikalisch zu begleiten oder zu umrahmen, wie es Franui mit bizarren, rhythmisch-melodischen Klangeffekten machte, war originell. Doch es schien, als seien die Gedichte, die Moretti vortrug, eher willkürlich aneinandergereiht. Zudem folgte der Übergang zwischen Text und Musik unvermittelt. Besser wäre es gewesen, Moretti hätte stets Titel und Autor des Gedichts genannt, um dem Zuhörer eine Pause zum Innehalten und zugleich gedankliche Orientierung zu geben. Berührend war Eichendorffs Gedicht „Der Pilger“, witzig-ironisch „Der Lenz ist da“ von Kurt Tucholsky.

Die unterschiedlichen Musikstile stießen im zweiten Teil hart aufeinander. Melodisch flott und textlich unbekümmert interpretierte das Wiener Ensemble „The Erlkings“ Kunstlieder von Franz Schubert in englischer Sprache. Da durfte die gelungene Adaption von Schuberts „Erlkönig“ natürlich nicht fehlen.

Einen gewollten, aber gewöhnungsbedürftigen Kontrast bot das kabarettistisch anmutende Duo „Die Strottern“ in Wienerisch mit dem „Lumpenlied“ oder dem besinnlichen „Amoi no“. Liebhaber klassischer Kammermusik kamen auf ihre Kosten, als das „Simply Quartet“ fröhlich und beschwingt den Kopfsatz aus Mozarts frühem Streichquartett in B-Dur zum Erklingen brachte. Zu Herzen gingen auch das molto vivace aus Anton Dvoraks „Amerikanischem Quartett“ und ein fetziges Presto aus einem Streichquartett von Joseph Haydn.

Skurile Texte von Thomas Bernhard

Nach der zweiten Pause, als schließlich alle auf der Bühne versammelt waren, zog sich der Konzertabend, der ja bereits um 18 Uhr begonnen hatte, in die Länge. Ohne Not hätte man da auf das eine oder andere Musikstück verzichten können. Moretti saß ziemlich lässig beim „Simply Quartet“ am Rand der Bühne und rezitierte zwischen Einlagen von Franui, den „Erlkings“ und dem Lied-Duo „Die Strottern“ mehrere kurze, skurrile Texte des Schriftstellers Thomas Bernhard, deren Bezug zur Musik sich nur teilweise erschloss. Trost spendete wiederum das „Simply Quartet“ mit dem wundervollen Andante aus Schuberts „Rosamunde Quartett.“

Nachdem zum Schluss auch das Thema „Trauermarsch“ erschöpfend abgehandelt war, bedankte sich das geduldige Publikum für das umfangreiche musikalische Gesamtkunstwerk bei allen Beteiligten mit begeistertem Applaus.

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