Rosenheim – Zu den Ausstellungen sowohl in der Stadtgalerie als auch beim Kunstverein gibt es jeweils ein Begleitprogramm zur Vertiefung.
Einen sehr interessanten „Art Talk“ bot gerade der Kunstverein an zur Ausstellung „Polyphone Ablagerungen“. Wie gewohnt elegant moderiert von Dr. Olena Balun, Vorsitzende des Kunstvereins, entwickelte sich eine ganz informative Gesprächsrunde.
Gäste waren der ausstellende Künstler Herbert Nauderer, die Autorin Annika Tempelmann und das Schauspielerpaar Jutta Schmuttermaier und Alexander Duda, den man aus den „Rosenheim-Cops“ als Behördenchef Gert Achtziger kennt.
Vorträge in
der Videokabine
Schwerpunkt der Runde war ein Element der Ausstellung: In einer Video-Kabine kann man als Besucher zwei Vorträge zur – freilich fiktiven – verschollenen Insel „Parasite Island“ verfolgen. Einer kompliziert referierenden Wissenschaftlerin (gespielt von Schmuttermaier) sitzt am anderen Bildschirm ein in einfacherer Sprache vortragender Verschwörungserzähler (gespielt von Duda) gegenüber. Die Entstehung des Konzeptes ging auf die Anfänge der Corona-Zeit zurück, so die Textautorin Tempelmann. Aus einem Wirrwarr von Stimmen und wissenschaftlichen Äußerungen trat „eine“ Stimme verführerisch klar hervor, nämlich die der Verschwörungserzählung, und diese habe sie mit ihrem Konzept abbilden wollen.
Das Schauspielerpaar gestand, dass die Rollen sehr reizvoll und herausfordernd seien, Schmuttermaier wollte ihre komplexe Rolle sogar zurückgeben, entschied sich dann zum Glück für das Projekt nochmals um. „Solche Figuren machen viel mehr Spaß als übliche Rollen“, gestand Duda, der neben seiner TV-Tätigkeit auch immer wieder an renommierten Theatern spielt, und ergänzte „die Kunst entsteht beim Betrachter“. Auch Herbert Nauderer wollte sich nicht in der Rolle eines Pädagogen sehen, vielmehr reize ihn das Spiel mit der Wahrheit im Detail, beispielsweise bei der Erstellung vermeintlicher Schwarzweißfotos mit virtuellen Bildarchiven und der Bearbeitung mit Photoshop. So sei auch der „Mausmann“ entstanden, eine emblematische Figur in seinem Werk. Ganz interessante Beobachtungen kamen von den zahlreich erschienenen Gästen. So schilderte ein Diskutant seine Erfahrung mit den Sprechtexten so, dass der „Verschwörer“ sich akustisch dominant durchsetze. In der Runde war man sich einig, dass man Rosenheim in der Corona-Zeit – und hier lief bereits in der Städtischen Galerie Nauderers Vorversion der aktuellen Ausstellung – durchaus als verschwörungsgeprägt und polarisiert erlebt hatte.
Rund um das prominente Mitwirken Dudas gab es einige Kuriositäten: „Das habe ich nicht gewusst, dass der Achtziger so ein Verschwörungstheoretiker ist“, gab es im Bekanntenkreis eines Diskussionsgasts als Äußerung.
Herbert Nauderer
am Schlagzeug
Am Samstag, 19. Oktober, findet in der Ausstellung noch ein Konzert mit Herbert Nauderer als Schlagzeuger statt. Nauderer hat inzwischen sein Thema weiter entwickelt: Unter dem Motto „Tales from a strange planet“ zeigt er in der Artothek am Marienplatz weitere fiktive Welten.