Improvisationen von virtuoser Eleganz

von Redaktion

Pianist Markus Becker mit Klassik und Jazz auf Schloss Neubeuern

Neubeuern – Dieser Konzertabend war für Puristen ein Schock. Denn Pianist Markus Becker spielte nicht etwa Beethovens Bagatellen op. 119 und seine f-Moll Sonate op. 57, die berühmte „Appassionata“ in der Originalversion, sondern verfremdete sie mit jazzig anmutenden Improvisationen. Unumwunden warnte er gleich zu Beginn das Publikum: „Ich räume auf bei Beethoven“.

Tatsächlich begann Becker zunächst ausdrucksstark und kraftvoll mit der ersten Bagatelle op. 119, deren lyrischer Mittelteil sich vom konzentriert-gedrängten Rahmen abhob. Überraschend verschmolz der Pianist dann den Beethovenschen Klangkosmos kunstvoll und assoziativ mit jazzigen Rhythmen.

Zu erleben war Beckers Virtuosität auch bei dem Lied „Marmotte“, das er mit ungezwungenem Charme ankündigte. Eine Inspiration zum Improvisieren fand er in der g-Moll Bagatelle op. 119, von der er so gebannt war, dass er die Themen und Motive hörbar mitsummte. Voller poetischer Leichtigkeit war das Lied „Abendhauch“, dem zweimal eine quietschende Tür zusätzlich eine aparte musikalische Note verlieh. Beckers Kommentar. „ Beethoven hat sich rein- und rausgeschlichen.“

Beckers „Freistil“ verbindet hohes Formbewusstsein mit Spielfreude und Eleganz. Ihm machte es sichtlich Spaß, nach Eigenkompositionen wie dem wilden „Elfentanz“ wiederum Bagatellen Beethovens zu bearbeiten. Raffiniert baute er Passagen bekannter Klassikstücke ein, etwa aus Mozarts g-Moll Sinfonie oder dem Geistertrio von Beethoven. „Ich kopiere schamlos“, gestand Becker unbekümmert. Die Kombination von Klassik und Jazz schuf ein neues, spannendes Klangerlebnis.

Haydns D-Dur Sonate wirkte bei Becker derart leicht, heiter und unbeschwert, dass man in der Tat das Gefühl hatte, der Pianist würde mit dem Komponisten sprechen. Grandios und packend waren Passagen aus der „Appassionata“, melancholisch das Lied „Vom Tode“. Themen aus der 7. Sinfonie Beethovens gipfelten am Ende in Improvisationen über Stücke von Max Reger. Beckers leidenschaftliches Spiel, seine unkonventionellen Potpourris brachten einmal sogar den Flügel zum Wandern. Das überwiegend animierte Publikum bedankte sich bei dem locker-unterhaltsamen Klaviervirtuosen am Ende mit begeistertem Applaus. Georg Füchtner

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