Edling – Ein übergroßes Füllhorn an Kammermusik schüttete das „PiHano-Quartett“ im Krippnerhaus über die begeisterten Zuhörer aus, vom Violin-Solo über Violin-Duette und Klaviertrio bis zum Klavierkonzert war alles drin. „PiHano“ deswegen, weil das Quartett aus zwei Geschwisterpaaren besteht: aus den Schwestern Elisabeth (18) und Bernadette Pihusch (16) an den Geigen und den Zwillingen Mayumi an der Viola und Rafael Hanusch (18) am Cello. Der Konzert-Titel „PiHano meets Piano“ bedeutet, dass Yume Hanusch, die Mutter der Zwillinge, am Klavier alles begleitete.
Reiches
Passagenwerk
Umrahmt war das Konzert mit Stücken, in denen alle mitspielten: Am Anfang standen Kopf- und Finalsatz des C-Dur-Klavierkonzerts KV 415 von Mozart. Da brillierten Yume Hanusch am Klavier mit reichem Passagenwerk und das Streichquartett, das von den beiden Geigen dominiert wurde, mit feiner Mosaikarbeit und plastischem Herausarbeiten der Hell- und Dunkelstellen, das heißt den Dur- und Moll-Abschnitten. Am Ende stand der Kopfsatz des Klavierquintetts von Robert Schumann, in dem sich alle in jugendlichem Überschwang in einen wahren Spielrausch spielten.
Dazwischen kamen die Solodarbietungen. Erstaunlich war die Reichhaltigkeit des Repertoires, das die Solisten schon in jungem Alter haben, und überwältigend die gezeigte Virtuosität. Vollgestopft mit technischen Schwierigkeiten ist die „Passacaglia für zwei Violinen“ nach einem Thema von Händel von Johan Halvorsen (1864-1935), eingerichtet vom Geiger Jascha Heifetz. Man hatte den Eindruck, dass die Schwestern Pihusch an den halsbrecherischen Schwierigkeiten geradezu Vergnügen hatten, so großtonig, so mitreißend und schwelgerisch spielten sie sich zu. Immer kraftvoll durchgezogen ist ihr Strich, immer sicher ihr Zugriff und immer durchdacht ist ihr Vortrag. Grausame Ironie spitzte immer durch die Walzer- und Polka-Gemütlichkeit der Stücke für zwei Violinen und Klavier von Dmitri Schostakowitsch.
Fast berstend vor Ausdruckswillen und mit ganzem Körpereinsatz gestaltete Elisabeth Pihusch den ersten Satz der Kreutzer-Sonate von Beethoven, mit obsessivem Strich und fast reißerischer Darstellungskraft Bernadette Pihusch den Furien-Satz der Violin-Sonate Nr. 2 von Eugène Isaÿe mit der darin enthaltenen zerfetzten „Dies-irae“-Melodie, während ihre Schwester Elisabeth den Satz „Nigun“ aus der Suite „Baal Shem“ von Ernest Bloch (1880-1959 glühend intensiv vortrug.
Zwei Klaviertrio-Sätze demonstrierten die kammermusikalische Kompetenz der Solisten: Schön sang das Klavier im Andante des d-Moll-Trios op. 49 von Felix Mendelssohn Bartholdy, bis alles in zartem Streichergewölk am Ende in luftige Himmelhöhen entschwindet, heiter ausgelassen stürmte das Finale des G-Dur-Trios „all-Ongarese“, also im ungarischen Stil, dahin.
Rafael Hanusch ließ sich von der Melodie der „Vocalise“ von Sergej Rachmaninow tragen und formte sie gleichzeitig, spielte sehnsuchtsvoll mit Gefühl, aber ohne Gefühligkeit. Yume Hanusch, die sonst alles begleitete, präsentierte sich auch als Solistin in Chopins Ballade Nr. 1 mit viel Klangsinn und Sinn für den Aufbau, dabei sowohl dem Klangrausch Raum gebend als auch dem elegischen Gesang huldigend. Mayumi Hanusch hatte nur in den großen Ensembles zu tun und fungierte dazwischen als Powerpoint-gestützte Moderatorin: dies kenntnisreich, rhetorisch geschult, deutlich artikulierend und anmutig im Vortrag.
Für den herzlichen Beifall des den Saal nicht füllenden Publikums bedankten sich alle Solisten mit dem süßen „Salut d’amour“ von Edward Elgar als letzten Gruß aus dem Füllhorn.