Tuntenhausen – Keine Frage: Die bäuerliche Ökonomie floriert in Nordhof. Man nehme das Anwesen „Beim Moar“ als Beispiel. Dort wirkt der Bio-Landwirt Josef Bodmaier, der als Zweiter Vorstand im Biokreis-Erzeugerring Bayern tätig ist und von 2007 bis 2022 Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes in Rosenheim war, dessen Ehrenvorsitzender er seit 2024 ist.
Angesichts der in Nordhof und Umgebung florierenden Landwirtschaft erzielt Josef Bodmaier den wohlverdienten Lacherfolg, wenn er die bairische Aussprache seines Heimatortes zugleich kundtut und erklärt: „Noudhof is do (sehr dunkles a), wo d Noud (= die Not) am grejssdn is!“.
Nordhof ist ein Weiler, der vor der Gebietsreform aus den Jahren 1972 bis 1978 zur Gemeinde Hohenthann gehörte, seitdem aber zur Gemeinde Tuntenhausen.
Die erste Erwähnung des Ortes ist in den Traditionen (Übergaben, Schenkungen) des Klosters Schäftlarn nachzulesen. In der 1953 von Alois Weißthanner angefertigten wissenschaftlichen Ausgabe der Schäftlarner Traditionen ist unter der Nummer 65 die Übereignung eines Gutshofes zu Winning (Landkreis München) an das Kloster Schäftlarn vermerkt, die sich zwischen 1140 und 1152 zugetragen hat. Hierfür brauchte es keinen Notar, aber sehr wohl sogenannte „Testes“, also Zeugen.
Und genau darunter befanden sich, auf gut Latein, der Orts-Adelige „Adalbero de Northouen et filius eius“, also „Adalbero von Northofen und dessen Sohn“.
Nordhof sprach sich damals keineswegs als „Northouen“ mit einem ou, sondern als „Nordhofen“. Der Buchstrabe u diente in diesen vergangenen Zeiten zugleich als u- Laut und als v-Laut; das v wurde dabei oft als f gesprochen.
Zu den Orts-Adeligen, die als Ministerialen – hohe Beamte – von Markgrafen und Fürsten tätig waren, gehörte insbesondere der Wittelsbacherische Ministeriale Friedrich Stier, der in Nordhof einen Sedelhof besaß. Dessen Nachfahre Georg Stier verkaufte 1379 diesen Sedelhof dem Kloster Schäftlarn. Die Ortsangabe lautete damals „Stiersnorthofen“.
Aber seitdem erfolgte die Sprachökonomie. Der „Stier“, bei „Stiersnorthofen“ im Genitiv „(des) Stiers“, fiel aus dem Ortsnamen heraus.
Auffällig ist darüber hinaus der Verlust der Wortendung -en. Blieb im Laufe der Zeit nur noch ein einziger Hof übrig? Keineswegs: Neben dem „Mayr“ gab es jahrhundertelang und noch bis heute den „Huber“.
Die Endung „-en“ bei „-hofen“-Orten bezeichnete in der Regel den dritten Fall in der Mehrzahl: „Bei den Hofen/Höfen“. Warum aber auf einmal die Einzahlform „-hof“?
Ähnlich wie bei den 2ingen“-Orten, die ab 1300 allesamt „ing“-Orte waren, haben die Orte auf -hofen, wenigstens teilweise, ihre Dativ Plural Endung „-en“ abgeworfen.
Mitterhof am Samerberg war 1150 noch Mitterhoven, 1363 hieß der Ort aber Mitterhof, trotz dreier Güter. Auf Bairisch heißt es ja bis heute: „Bei de Hef (Höf)“, nicht: „bei de Hefn (Höfn)“.
Abschließend darf hier nicht ein Beispiel für besonders lebendige Tradition fehlen: Vor der Gemeindereform anfangs des 19. Jahrhunderts bildeten die Ortschaften Nordhof, Stetten, Hopfen und Weng eine sogenannte „Hauptmannschaft“. Noch heutzutage verstehen sich die vier Orte als das „Winggä“ – Winkerl, kleiner Winkel. Armin Höfer