Bruckmühl – Beide in Pfaffenhofen an der Ilm geboren, Herbert Klee 1946, Christoph Ruckhäberle 1972, waren sie durch eine intensive Freundschaft miteinander verbunden. Diese Freundschaft basierte auf der bereits lange währenden Bekanntschaft von Ruckhäberles Vater und Herbert Klee und setzte sich mit dem jungen Ruckhäberle fort. Herbert Klees Thema war seit jeher der Mensch, auch Ruckhäberle griff dieses Thema auf, ob durch die Anregung seines Patenonkels oder durch den Leipziger Professor Arno Rink, bei dem er studierte. Dieser lehrte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig und stellte die figurative Malerei in den Vordergrund seines Schaffens und Lehrens. Die aktuelle Ausstellung in der Galerie Markt Bruckmühl trägt kurz und lapidar den Titel „Figur“.
Von den 67 Exponaten, die in der Präsentation zu sehen sind, ist nur ein Triptychon Herbert Klees ohne die Abbildung menschlicher Gestalt. Es handelt sich um die Bilder von drei gepolsterten Stühlen, jeder bereits durchgesessen und zerknautscht. Und wer sich an den Ausspruch von Herbert Klee „Stühle und Menschen bekommen Falten“ erinnert, wird schmunzeln.
Das ist aber das Einzige, worüber es zu lächeln gibt, ansonsten ist die Ausstellung von großem Ernst geprägt. Bereits im Eingangsbereich begrüßt den Besucher ein Bild mit dem Titel „Al Altun“ aus dem Jahre 1983. Ein Mann erklimmt die Fensterbank eines Raumes, um sich im nächsten Augenblick aus dem Fenster zu stürzen. Es ist die Geschichte des kurdischen Asylsuchenden Altun, dessen Antrag auf Asyl von deutschen Gerichten in allen Instanzen abgelehnt wurde und dem die Abschiebung zurück in die türkische Militärdiktatur drohte. Dort würden ihn Folter und Tod erwarten. Das helle Grau des Hinterkopfes verschmilzt bereits mit dem lichten Blaugrau des Himmels.
Andere Gemälde, alle in Öl auf Leinwand, beschäftigen sich mit der sogenannten „besseren Gesellschaft“, Damen in Abendgarderobe, ihre Zigarette mit energischem Schwung – beinahe gewaltsam – im Aschenbecher ausdrückend. Oder die korrekt gekleideten Herren, ganz offensichtlich einer politischen Szenerie entsprungen.
Der „Agitator“, etwas höher als die ihn umgebenden Zuhörer positioniert, verbreitet seine Ansichten. Die Menge der Zuhörer lauscht ihm gebannt, die Augen nur leere weiße Höhlen, offenbar ein Zeichen ihrer Unwissenheit.
Immer schon hat sich Herbert Klee mit der griechischen Mythologie auseinandergesetzt, und so gehören auch dieses Mal – in Form einiger hölzerner Druckstöcke oder Holzschnitte auf Papier – Szenen aus der Orestie zu den Exponaten.
Ebenfalls ein Bild des Menschen bieten die starkfarbigen und zum Teil sehr großformatigen Gemälde von Christoph Ruckhäberle. Auch hier ist das Zusammenleben voller Konflikte. Szenen, in denen die Fäuste zum Kampf erhoben sind oder ein Messer bedrohlich über einer am Boden liegenden Person schwebt, gehören zur Tagesordnung. Die Entstehungsjahre von 2022 bis 2024 lassen die Vermutung aufkommen, dass es sich um eine Verarbeitung der durch Corona entstandenen kritischen Situationen handelt. Hat man nicht bei Kindern und Jugendlichen Vereinsamung und zunehmende Kontaktarmut festgestellt mit Folgen, die bis ins Heute reichen? Spricht man nicht erst jetzt von der wachsenden Gewaltbereitschaft innerhalb der Familien? Maßnahmen, die man während der Pandemie für gut und richtig hielt, hätte man die nicht sorgfältiger bedenken müssen? Entsetzt aufgerissene Münder, Augen voller Schrecken, die Situation überspitzt dargestellt zwar, aber doch mit einem Wahrheitsgehalt, der nicht wegzudiskutieren ist.
Und kaum hat man die Pandemie im Griff, beginnt der erste von zwei Kriegen, die die Welt erschüttern. Mit welchen malerischen Mitteln geht Ruckhäberle die Thematik an?
Kräftige, nahezu laute Farben bestimmen das Geschehen, rot als aggressiver Faktor dominiert auf einigen Bildern. Obwohl die Gesichter mit wenigen Elementen dargestellt sind, drücken sie doch Angst und Schrecken aus. Besonders die Augen vermögen dies zu vermitteln. Eine 24-teilige Serie in Tusche auf Papier – also gänzlich ohne Farbe – unterstreicht den Eindruck ebenfalls.
Aber es gibt auch zwei Porträts, die ruhig und nachdenklich wirken. Das eine blau-, das andere rotdominierend, zeigen sie Frauen, die in sich zu ruhen scheinen. Zwar mit breitem malerischen Strich angelegt, stellen sie Empfindsamkeit zur Schau.
Herbert Klee und Christoph Ruckhäberle beobachten unsere Mitmenschen sehr kritisch und die Wiedergabe menschlichen Verhaltens gelingt beiden meisterhaft.