Ein echter und ein falscher Meisterboxer

von Redaktion

Volksbühne St. Nikolaus spielt Schwank im Rosenheimer Künstlerhof

Rosenheim – Komödie und Tragödie, Lachen und Weinen also, liegen beim Theater nahe beieinander. So erinnerte bei der Premiere des Herbststücks der Volksbühne St. Nikolaus im Künstlerhof am Ludwigsplatz Peter Kirmair, der Regisseur des gespielten Stücks, daran, dass zwei Mitglieder der Volksbühne kürzlich gestorben sind, darunter Peter Hartmann, ein Gründungsmitglied. Doch dann erwies sich das Stück als Lachstürme produzierender Humorkracher: „Der Meisterboxer“, ein Schwank von Otto Schwartz und Carl Mathern.

Mit karg-gesunder
Kost abgespeist

Anton Breitenbacher (Robert Mayr) wird von seiner Frau Berta (Angelika Trautmann) nur mit karg-gesunder Kost abgespeist. Deshalb erschafft er sich kurzerhand ein Alter Ego, denn er will mit seinem Freund Hans Hecht (Richard Martl) auf „Schweinsbratentour“ gehen.

Dazu nutzt er die Namensverwandtschaft zum Meisterboxer Anton Breitenbacher und erzählt seiner Frau, er sei jetzt Boxer. Mit von der Partie ist auch der Magistratsangestellte Erich Wimmer (Andreas Brandmaier), dem es mit seiner Frau Cäcilie (Daniela Englmeier) genauso ergeht wie Breitenbacher. Als der echte Meisterboxer Breitenbacher (Bernd Metzger) zu einem Kampf in die Stadt kommt, droht der Schwindel aufzufliegen: Frau Breitenbacher will ihrem Mann natürlich beim Boxen zuschauen. Seine Tochter Lotte (Veronika Egger) lernt unterdessen den echten Meisterboxer kennen und lieben, der Sohn Toni (Jonas Grießl) spielt ebenfalls ein falsches Spiel, damit der Herr Papa seinen Lebensstil weiter finanziert.

Als auch noch die feurige Tänzerin Coletta (Veronika Wieser) in den Komödienring steigt, ist die Verwirrung perfekt und der Emotions-Boxkampf kann beginnen. Diese Handlung funktioniert natürlich nur in Zeiten, bevor es Fernsehen und natürlich weit vor den Zeiten, als es Social Media gab und als eine Varieté-Tänzerin noch der Gipfel der Sündhaftigkeit darstellte: Die Autoren stammen aus dem 19. Jahrhundert. Den Kostümen nach (Conny Stadler) spielt hier alles in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts. Doch auch für diese bayerische Fassung von Werner Zeussel braucht es eine eigene Schwank-Logik. Wenn man der folgt, ergeben sich deftige Situationskomik und drastische Wortgefechte. Vor allem lebt der Schwank von der ausgespielten Komik der Schauspieler.

Im liebevoll eingerichteten gutbürgerlichen Salon (Bühnenbild: Franz Grießl) treffen alle immer wieder aufeinander, verstecken sich und verprügeln sich am Ende auch – wobei dieser Boxkampf des echten mit dem unechten Breitenbacher ruhig härter hätte ausfallen können. Robert Mayr spielt sich als Anton Breitenbacher geradezu die Seele aus dem Leib und durchlebt alle Stadien seiner Notlagen vom großspurigen Lebemann bis zum angstschlotternden Verprügelten höchst intensiv. Ihm hilfreich zur Seite im Ausdenken von Notlügen steht Freund Hans, von Richard Martl routiniert hallodrihaft gespielt.

Andreas Brandmaier sieht man die Sehnsucht nach den Würsten an, mit denen er sich einmal selig behängt, arg bedauernswert wirkt er als geknechteter Ehemann. Hinreichend giftig und keifend ist Daniela Englmaier als seine Ehefrau, während Angelika Trautmann als Frau Berchtenbreiter Eleganz mit ehefraulicher Konsequenz vereint. Jonas Grießl ist der studierunwillige Sohn Toni, als echter Meisterboxer verströmt Bernd Metzger lauernde Souveränität dessen, der gar nicht erst boxen müsste, um seinen Willen durchzusetzen.

Die beiden Mädchenrollen sind von absoluten Neulingen besetzt: Veronika Egger ist als Tochter Lotte einfach ein süßes Madl und Veronika Wieser (die Tänzerin Coletta) tobt als italienisch-deutsch radebrechende Temperamentsbombe durchs Wohnzimmer: ein Gewinn für die Volksbühne.

Lachen ist
garantiert

Regisseur Peter Kirmair treibt das Tempo voran, wenn die Ehepaare sich ankeifen, wenn sich die Verwirrspirale immer höher schraubt, wenn keiner mehr weiß, welcher der drei Anton Breitenbachers jetzt gemeint ist und wenn die Auflösung sich immer mehr hinausschiebt: Lachen ist garantiert, wenn die Logik ausgeschaltet ist.

Weitere Aufführungen sind im Künstlerhof am Ludwigsplatz an den Wochenenden bis zum 23. November, Freitag und Samstag um 20 Uhr, Sonntag um 18 Uhr, Genaueres ist unter www.volksbuehne-ro.de zu finden. Karten gibt es unter Telefon 08031/15001 oder an der Abendkasse.

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