Schechen – Halloween und Totensonntag dräuen, und mitten in dieses Spannungsfeld von gruseliger Unterhaltung nebst Besinnen auf die Sterblichkeit setzt nun die Pflegerbühne in ihrem Theaterstadl in Schechen auf Christian Lex dreiaktige Komödie „Hummel im Himmel“. Wobei die Story publikumswirksam im Jahr 1958 im Münchner Rotlichtmilieu am Hauptbahnhof angesiedelt ist. Zu einer Zeit also, in der die Mädels ihre Reizwäsche auf der Wäscheleine trockneten und die Strizzis mit Nietenhosen und Lederjacke noch ihre Hüften à la King Elvis kreisen ließen.
Kaputte Welt
doch in Ordnung
Kurz: Die kaputte Welt schien einfach noch in Ordnung zu sein. Ein fabelhaft buntes Szenario für die tiefschürfende Frage nach Leben und Tod – auf die es keine leichte Antwort gibt, wohl aber eine spielerische.
Die zehn Darsteller jedenfalls gaben alles, um ihre Milieu-Charaktere glaubhaft erstehen zu lassen. Allen voran der renitente Lenz Fichtner als Kleinkrimineller Max Hummel. Marchesa Lerch zeigt sich als ebenso liebliches wie resolutes Bedienmädel Anna. Tanja Rüb gibt die verletzliche, nur nach außen taffe rote Rita. Sandra Miersch und Steffi Schweiger brillieren optisch als Bordsteinschwalben. Christian Gambos ist der eiskalte Fiesling Capo. Felix Fischer spielt den merkwürdigen Sittenpolizist mit viel Verve. Und Franz Jackl darf sich als klassischer Halbstarker und Ganovenlehrling ständig sprachlich verheddern.
Jedenfalls gibt es ständig neue überraschende Wendungen in dieser Komödie mit ihren Metamorphosen, die dank – vorübergehendem – Exitus aus dem Egoisten und Kleinganoven Max einen mitfühlenden Menschen machen, wobei natürlich die Himmelsmacht Liebe eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Das Publikum im ausverkauften Pfleger Theaterstadl geht alle Stationen amüsiert und auch ein wenig nachdenklich mit. Wozu soll man in den Himmel, wenn man es sich doch schon zu Lebzeiten im „Paradiso“, einem Nachtclub mit Stripperinnen und angeschlossenem Bordell, gut gehen lassen kann… Nachwuchs-Ganove Max ist empört, als er – von einer Kugel niedergestreckt – auf den Lieben Gott trifft.
Nassforsch fordert er eine zweite Chance im Leben und will zurück. Zurück zum neu akquirierten Bedienmädel Anna aus Niederbayern, in das er sich verknallt hat, und das sich der Ober-Bösewicht Capo krallen möchte. Max Hummel stirbt sogar, weil er sie unbedingt beschützen will und sich nicht wie gewohnt als „Beschützer“ aufspielt.
Den Tod könnte man mit bayerischer Schlitzohrigkeit noch überlisten, wie es der Brandner Kaspar mit Kirschgeist und Betrug beim Kartenspiel tut. Doch das klappt nicht bei Gott himself – in diesem Fall aber bei Gott herself. Denn Erfolgsregisseurin Burgi Schaber hat behutsam eingegriffen in das Skript und aus Gott eine Frau gemacht. Was durchaus seine Logik hat. Denn nur eine Frau kann verstehen, dass eine Bedingung wie die, dass man nicht lügen soll und die Wahrheit sagen muss, einfach in manchen Lebenslagen nicht durchführbar ist. Beispielsweise dann, wenn die alternde Frau den Mann fragt, wie ihm denn ihr neues Kleid gefällt…
Kurz: Der Strizzi Max bekommt eine zweite Chance. Aber Gott fordert nun eben, dass er nicht lügen darf. Kein leichtes Unterfangen. Denn am besten kommt man durchs Leben, wenn man es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Wenn man sich ergaunert, was nur geht– und das selbst im Ganovenmilieu, wo doch Ganovenehre angesagt sein sollte.
Max stirbt in dieser einen Nacht spektakulär mehrmals. Einmal ist es ein Schuss aus Bösewicht Capos Pistole, dann ein defekter Tauchsieder, mit dem Max das Badewannenwasser wärmen will, um seine Jeans zu befeuchten, damit sie knackig sitzen. Ein weiteres Mal ist es ein verzweifelter Schluck aus einer Weinflasche, in der sich jedoch Rattengift befindet. Und immer ist Gott zur Stelle.
Mitspieler zeigen
am Ende ihr Gesicht
Am Ende jedoch zeigt jeder Mitspieler sein wahres Gesicht. Und bei allen Enthüllungen zeichnet sich gar so etwas wie ein Happy End ab. Das ist der richtige Stoff für handfeste Theaterträume und eine pfundige Unterhaltung. Dass das einen Riesenapplaus verdient, versteht sich. Für weitere Vorstellung im November von „Hummel im Himmel“ gibt es nur noch spärliche Restkarten. Aber keine Angst, niemand soll abgewiesen werden, verspricht Burgi Schaber. Eintrittskarten gibt es für eine Zusatzvorstellung am 23. November.