Wasserburg – Mit Kompositionen aus der Zeit der Spätromantik begeisterte das Tschechische Nonett im Rathaussaal. Heiter-beschwingte Tänze, stimmungsvolle Tondichtungen und eine wunderbare Serenade waren genau die richtige musikalische Aufmunterung für die oft dunkelgrauen Tage im Spätherbst.
Vielschichtiger
warmer Klang
Gegründet wurde das Tschechische Nonett im Jahr 1924 von Studenten des Prager Konservatoriums. Das seither dauerhaft bestehende Kammerorchester zählt damit zu den ältesten seiner Art weltweit. Typisch für das Ensemble ist sein vielschichtiger und warmer Klang ganz im Stil der großen tschechischen Musiktradition. Auf der Tournee zum 100-jährigen Jubiläum gastierte das Tschechische Nonett jetzt in Wasserburg. Aktuell spielt das Ensemble in folgender Besetzung: Romana Zieglerová (Violine), Ondrej Martinovský (Bratsche), Simona Hecova (Violoncello), David Pavelka (Kontrabass), Jiri Skuhra (Flöte), Vladislav Borovka (Oboe), Aleš Hustoles (Klarinette), Pavel Langpaul (Fagott) und Jirí Špacek (Horn). Die besondere Instrumentierung des Nonetts sorgte in Hinblick auf Klangfarbe und Klangkörper für ein besonderes Konzerterlebnis. Denn die vier Streicher und fünf Blasinstrumentalisten entwickelten ein Klangvolumen, das den Vergleich mit einem großen Symphonie-Orchester nicht zu scheuen braucht.
Drei tschechische Tänze von Bedrich Smetana (1824-1884) eröffneten den Abend: „Oves“ (Der Hafer), „Slepicka“ (Das Hühnchen) und „Skocná“ (Der Springtanz). Sie sind um das Jahr 1879 datiert und eine der letzten Klavierkompositionen, die Smetana schrieb. Er war zu dieser Zeit bereits stark von Krankheit gezeichnet und als Folge einer chronischen Syphilis so gut wie taub. Dennoch sind die flotten Tänze von Harmonie erfüllt. In der kammermusikalischen Bearbeitung durch den tschechischen Komponisten und Dirigenten František Hertl vertieft sich noch einmal die darin enthaltene Lebensfreude auf dem Land. Anschließend spielte das Ensemble die symphonische Dichtung „Siegfried Idyll“. Richard Wagner widmete die Komposition seinem Sohn Siegfried. Motive daraus kehren auch in Wagners „Ring des Nibelungen“ und dem glanzvollen Helden „Siegfried“ wieder.
Eigentlich hätten „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ von Richard Strauss (1864-1949) in eine Oper über die Schildbürger münden sollen. Doch aus unbekannten Gründen legte Strauss das Libretto beiseite und verfolgte es nicht weiter. Hingegen übrig geblieben ist eine großartige Tondichtung für ein großes Orchester. Arrangiert für das Tschechische Nonett erwiesen sich die vertonten Streiche der mittelalterlichen Schelmenfigur als eine weitere kammermusikalische Kostbarkeit. Mittlerweile hat die Eulenspiegelforschung zahlreiche historische Quellen gefunden, die belegen sollen, dass Till Eulenspiegel auch tatsächlich gelebt haben soll.
Frenetischer
Schlussapplaus
Mit der viersätzigen Serenade von Antonín Dvorák in d-Moll hieß es dann allmählich Abschied nehmen. Der tschechische Komponist verfasste das Werk für Bläser, Violoncello und Kontrabass, d-Moll Op. 44, im Jahr 1878 in nur 14 Tagen. Zusammen mit der drei Jahre zuvor entstandenen Streicherserenade trug das Werk wesentlich zu Dvoraks internationalem Durchbruch bei. Es orientiert sich an den traditionellen Harmoniemusiken des 18. Jahrhunderts, allen voran den Serenaden von Wolfgang Amadeus Mozart. Mit einem frenetischen Schlussapplaus und dem auch außerhalb der Klassik sehr bekannten Menuett in A-Dur von Luigi Boccherini ging ein exzellenter Konzertabend zu Ende.