Zarte Wehmut und mitreißende Rasanz

von Redaktion

Das Henschel Quartett brilliert auf Schloss Neubeuern

Neubeuern – Dass das Henschel Quartett entgegen der Ankündigung im Programm im Schlosssaal von Neubeuern zunächst das „Rosamunde Quartett“ von Schubert und dann erst Mendelssohns D-Dur Streichquartett op. 29 spielte, war sinnvoll. Denn Schuberts wehmütig zarte Komposition wäre nach Mendelssohns musikalischer Ekstase nicht passend gewesen. Der Konzertabend endete mit dem dritten Rasumowsky Quartett von Beethoven.

Große klangliche
Sensibilität

Das „Rosamunde“ Quartett in a-Moll op. 29 ist geprägt von harmonischer Farbigkeit und bezwingender melodischer Eingebungskraft. Zarte Melancholie besaß der Kopfsatz, den Christoph Henschel und Gertrud Schilde (Violine), Monika Henschel (Viola) und Mathias Beyer-Karlshoj (Violoncello) mit großer klanglicher Sensibilität interpretierten. Zu Beginn wirkten die Streicher im Klang ein wenig herb. Eine irritierende Note erhielten sie zusätzlich durch den hohen monotonen Pfeifton eines Hörgeräts.

Im Wechsel mal verhalten leise, dann wieder energisch und kraftvoll erklang das Andante. Mit wiegenden Rhythmen und sanftem Vibrato schuf das Henschel Quartett im Menuetto ein melancholisches Stimmungsbild, das durch freundliche Landlerseligkeit aufgelockert wurde. Einen Kontrast dazu bildete das Allegro moderato mit dem fröhlichen, trillerdurchsetzten Hauptthema.

Voller Leidenschaft und technisch makellos fetzte das Henschel Quartett den ersten Satz von Mendelssohns D-Dur Streichquartett herunter. Die erste Violine dominierte in großbogigen Kantilenen, während sich die anderen Instrumente als orchestral anmutendes Streichtrio eher auf das Begleiten und Wiederholen konzentrierten. Nach dem pastoral wirkenden Menuetto erklang ein Andante espressivo zu zarten Pizzicati des Cellos. Das abschließende Presto con brio mit seiner funkensprühenden Rasanz raubte dem Hörer förmlich den Atem.

Meisterlich im dialogischen Miteinander agierte das Henschel Quartett auch im C-Dur Streichquartett op. 59 Nr. 3 von Beethoven. Nach dem langsamen, träumerischen Beginn des ersten Satzes setzte mit zwei Akkordschlägen der Sonatensatz ein. Die kunstvoll motivische Arbeit Beethovens brachte das Henschel Quartett mit großer Spielfreude zu Gehör. Wehmut und Innigkeit mit mal sanften, mal harten Pizzicati des Cellos kennzeichnete das Andante con moto quasi Allegretto, ein wenig an Wolfgang Amadeus Mozart erinnerte das tänzerische Menuetto.

Wild jagende
Passagen

Höhepunkt war das Finale, das Merkmale von Fuge und Sonatensatz vereinigt. Die nicht enden wollenden, wild jagenden Passagen – die Erkennungsmelodie des literarischen Quartetts – spielte das Henschel Quartett derart rasant und mitreißend, dass nach dem letzten Takt stürmischer Beifall aufbrandete.

Als Zugabe schenkte das Henschel Quartett dem Publikum noch das traurig-sanfte Andante „Crisantemi“ von Giacomo Puccini.

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