Farbige Bilder in schnörkelloser Sprache

von Redaktion

Elmar Engert hat einen neuen Lyrikband veröffentlicht

Rosenheim – Das fordert wohl heutzutage niemand mehr von einem Dichter, dass er reimend dem Leser billigen Trost ums Mäulchen schmiert und seinen Illusionen oder gar Lebenslügen schmeichelt. Der echte Lyriker schenkt reinen Wein ein, oder zumindest klares Wasser. Ein solcher Lyriker ist Elmar Engert. Geboren 1951 in Oberfranken veröffentlicht er seit 1972 Veröffentlichungen in Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien. Ab 1981 Kurzprosa und Lyrik in verschiedenen Verlagen, zuletzt im Volk Verlag München. Ab 2006 war er in Rosenheim, Nußdorf und München als Lehrer, seit 2016 ist er im Ruhestand.

Engert pflegt eine schnörkellose, ja lakonische Sprache, die Vielschichtiges auf den Punkt bringt, ohne auf eindringliche, ja farbige Bilder zu verzichten. Unter dem Titel „Rosenheim“ erinnert Engert in melancholisch-schwereloser Diktion an ein ehemals beliebtes Lokal, das leider schließen musste: „Über das Schild Hong/ Long balanciert/ Eine Türken/ Taube mühelos“.

In sechs knappen Zeilen gibt der Dichter einen Überblick über ein unseliges Jahrhundert. Titel „Generationen“: „Mein Vater war/ In Sibirien mein/ Großvater vor/ Verdun/ Ich nur/ In der Provence“. Schwer verständlich? Wohl kaum! Dieser „Geschichtsunterricht“ erspart uns trockene Lehrer …

Dass Idylle den Blick auf die Endlichkeit nicht vernebeln muss, beweist der Dichter ganz unprätentiös in „Kindheit“: Ich mochte/ Die Winter wie/ Sie waren mit/ Schnee und/ Kälte und/ Eis und/ Tod“.

Man sollte sich Engerts Gedichte laut vorlesen, langsam und behutsam, damit wir nicht über Sinnzusammenhänge stolpern. Mit fröhlichem Optimismus handelt Elmar Engert nicht. Er schlägt aber auch nicht zornig unsere Welt kaputt. Er schärft unseren Blick, damit wir auch die „Zukunft“ realistisch ins Visier nehmen können: „Wettkämpfe sind/ Gestorben der Ehrgeiz/ Auf der Strecke/ Geblieben/ Weiter draußen ein/ Paar/ Gedichte wie/ Papierschiffchen im/ Chinesischen Meer verbrannt/ Alle Pläne“

Zu guter Letzt: Elmar Engert ist ein stiller Dichter, der seine Worte und Satzgefüge im Pianissimo-Bereich ansiedelt. Insofern vielleicht ein Seelenverwandter von Reiner Kunze. Ein schöner Gedanke: „Gedichte wie Papierschiffchen im Chinesischen Meer“ – die Poesie als Garant einer lebenswerten Zukunft! Walther Prokop

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