Bad Aibling – „Licht – Klang – Struktur“ nennen die jeweils zwei Künstlerinnen und Künstler ihre gemeinsame Ausstellung, die sie zusätzlich zum Jahresprogramm für sich gestaltet haben. Das regelmäßig auftretende Konzept besagt, dass sich aus der Vielzahl der Kunstvereinsmitglieder zwei oder mehr Kunstschaffende zusammenfinden – in diesem Falle vier – und nach eigenem Gutdünken eine stimmige Ausstellung kreieren.
Vielzahl von
Kunstarten
„Art-Vielfalt“ nennt sich dieses Konzept, wobei der Name auf die Vielzahl der Arten von Kunst anspielt. In diesem Falle sind es Malerei und Collage von Astrid Sohn, Malerei, Installation und Video von Christiane Lietzau-Seitz, Bildhauerei Wilhelm Zimmer und Silberschmiedearbeiten von Hajo von Oertzen.
Astrid Sohn stellt am Tisch Papierelemente her, die sie so lange hin und her bewegt, bis sie ihr eine stimmige Komposition zu ergeben scheinen. Dann überträgt sie diese Elemente auf Leinwand, wo sie sich zu einem Bild zusammenfügen. Braun ist eine der dominierenden Farben. Mit Holzplatten geht sie ähnlich um: Es werden Formen gesucht und gefunden, ausgesägt und als Einzelteile zu „Bildern“ an der Wand befestigt, sodass ein Reigen aus organischen Elementen entsteht.
Christiane Lietzau-Seitz hat eine große Installation aufgebaut, die die Ecke eines Raumes beherrscht. Es ist eine zeltähnliche Behausung, an das biblische Stiftzelt erinnernd. Über ein Gerüst sind Decken und Tücher gehängt, die die Assoziation an eine Flüchtlingsunterkunft nahelegen. Man fühlt sich angesprochen, den Innenraum zur Meditation zu betreten.
Die innere Rückwand besteht aus einer großen Glasscheibe, die in kräftigen Farben bemalt wurde. Dahinter angebrachte Lampen bringen die Glaswand zum Strahlen und animieren zu positiver Betrachtung. Das Dach des Zeltes ist eine große Alufolie, die zuvor draußen in freier Landschaft als Ballon schwebte – trotz starken Windes sehr gemächlich. Als der Ballon schließlich platzte, trieb er als große Folie träge über Wasser. Die Szene wurde gefilmt und läuft als Video-Beitrag über einen Bildschirm.
Hajo von Oertzen hat gegen Ende seiner Berufstätigkeit das Arbeiten mit Silber als sinnstiftende Beschäftigung für sich entdeckt. In Kursen und Seminaren erlernte er den Umgang mit dem Material in all seinen Herausforderungen und Möglichkeiten. Seine Werkstatt hat er in einer Ecke des Ausstellungsraumes aufgebaut, und der Besucher kann neben den Werkzeugen – wichtigstes Teil der Hammer – auch fertige Produkte sehen. Becher in allen Größen gehören zum Sortiment, ein Paar Ohrringe sehen verlockend aus, obwohl von Oertzen gerne sagt, dass Schmuck eigentlich nicht sein Gebiet sei. Ein Leuchtturm aus Silber sendet seine Signale aus und erhellt die Vorstellung, was sich alles aus diesem edlen Material – 925er-Silber (Sterlingsilber) – machen lässt.
Ein Videofilm zeigt den Kunsthandwerker bei der Arbeit. Nicht eigentlich ein Künstler sei er, sondern Kunsthandwerker, betont von Oertzen gerne.
Der Mensch
im Mittelpunkt
Die Bronzearbeiten von Wilhelm Zimmer schließen den Kreis. Das Augenmerk Zimmers liegt auf dem Menschen und seinem oft skurrilen Tun. Die stämmigen Männer aus Bronze setzen sich mit Alltagsproblemen auseinander, die es eigentlich gar nicht gibt, es sei denn, man schafft sie sich. Sprichwörter oder Redensarten liegen den Werken als Titel zugrunde oder geben Hinweise. Vierschrötig – sichtbar an Beinen und Armen extrem kantig – wirken sie unerschütterlich und allen Aufgaben gewachsen. Ein Wahltag lässt sich mit einem Gewaltakt des Ochsen-Ziehens vergleichen, und „Schöne Aussichten“ enden am Hinterkopf des Partners. Ist dies kuschlig oder eher hinderlich? Und: Ist das Sitzen zwischen zwei Stühlen unbequem oder eher besitzergreifend? So ist der Betrachter mit Fragen über Fragen beschäftigt.