Rosenheim – Der gute alte Rosenheimer Musikverein heißt nun schon längst Innphilharmonie. Der neue Name bedeutet gewissermaßen auch ein neues Format. Der Dirigent Andreas Penninger nämlich favorisiert Konzertprogramme mit einem Konzept. Diesem ordnen sich die einzelnen Musik- und Chorstücke unter. Da gab es „Pasion de Amor“ oder „Mit Tango dem Frühling entgegen.
Das Motto
hieß „Stille Nacht“
Aktuell füllte das Weihnachtskonzert unter dem Motto „Stille Nacht“ das Kultur- und Kongresszentrum bis auf den letzten Platz. Die Stille war wohl mehr bildlich gemeint, denn überwiegend war rauschhaftes Fortissimo angesagt. Der Chor, etwa 60 Köpfe stark, beeindruckte bereits durch seine physische Präsenz.
Der satte Streicherglanz wurde von der großen Truppe der Bläser sozusagen mit warmem Gold überwölbt. Dazu kam alles, was irgendwie zusätzlich mit Klangreizen locken konnte: Triangel, Pauken, Glockenspiel, Harfe, Vogelgezwitscher und dezent eingesetzte Percussion.
Der rührige Andreas Penninger hatte aus aller Welt jüngere Komponisten zusammengetrommelt, welche die weihnachtlichen Gesänge in ein symphonisches Arrangement von opulentem Zuschnitt einkleideten. Da hatte der Pauker beide Hände voll zu tun, da wechselte die Harmonie flugs einen Halbton höher oder tiefer, die Harfe glitzerte glissandierend, und der süffige filmmusikalische Firnis brachte nicht nur die Klänge auf Hochglanz, er sorgte auch für die Emotionen, die „großen Gefühle“. Das Orchester jedenfalls war zu allem bereit, spielfreudig, motiviert und kompetent, nicht zuletzt der junge fabelhafte Konzertmeister Lewin Creuz.
Komponisten wie David Coscina, Dan Forest, Paul Alcazar, Marck Wilberg oder Dwight Bigler sind Importe aus den USA. Professionelle Praktiker, die ihr Handwerk aus dem Effeff beherrschen. Ein Schwede, Karl Ask, besang melodiös das „Bambino divino“ und Dirigent Andreas Penninger empfahl sich selbst als fruchtbarer Komponist, der mit Lust und Liebe die große Palette der Orchesterfarben meisterte.
Engelbert Humperdincks Ouvertüre zu „Hänsel und Gretel“ eröffnete den zweiten Teil nach der Pause. Unglaublich, mit welcher Meisterschaft, Fantasie und Delikatesse dieser manchmal als Kinder-Komponist belächelte Künstler sein Werk zu einem ebenso rasanten wie innigen Tongemälde formte. Ein Genuss, wie die Hornistinnen zu Beginn das Thema der „Vierzehn Engel“ intonierten! Die Engel seien das Einzige, was bei Humperdinck an Weihnachten erinnere, meinte mit leisem Humor Stadtpfarrer Monsignore Thomas Schlichting, der das Programm kurzweilig, prägnant und informativ moderierte. Seine klare Stimme schuf immer wieder Inseln der Ruhe im Gewoge der Töne.
Reizvoll erklangen Penningers „Jornadas“, drei katalanische Chöre, die durch ihre sanfte Folkloristik bestachen. Bei „Hört der Engel helle Lieder“ animierte der Dirigent das Publikum zum Mitsingen. Das gelang vorzüglich, schon weil Penninger insgesamt eine sehr suggestive und präzise Stabführung kultiviert.
Wohlklang,
der zu Herzen ging
Es war erheiternd fürs Publikum, auch mal was tun zu dürfen, denn der Chor der Innphilharmonie war selbstverständlich autark und wusste auch in der Einstimmigkeit einen zu Herzen gehenden Wohlklang zu erzeugen. Als von Mack Wilberg die eindringliche Mahnung „Still, still, still“ kam, wurden die folgenden Stücke insgesamt gedämpfter; letztendlich gipfelte das Programm in „Stille Nacht“, das ebenfalls Mack Willberg harmonisch behutsam bearbeitet hat.
Eine Zugabe nach diesem einzigartigen Weihnachtslied? Ja natürlich, da kam nur „O du fröhliche“ in Frage, und da durfte das begeisterte Publikum wieder aus voller Kehle mitsingen. Perfekt der Weihnachtszauber, als die Handy-Lichtlein geschwenkt wurden. Es fehlten jetzt eigentlich nur noch aus dem Schnürboden rieselnde Glitzersterne…