Bayern, Baiern und König Ludwig I.

von Redaktion

Gegen Jahresende erzählen Stammtischler aus einem Dorf unserer Region, in dem es – glücklicherweise – noch eine gemütliche Gastwirtschaft gibt, von ihren schönsten Urlaubserlebnissen im Jahre 2024. Nach all den Berichten und Erzählungen aus allen möglichen Ländern dieser Welt sind die erst kürzlich zugezogenen Dorfbewohner Melissa und Tim an der Reihe. Die beiden Zuagroasdn berichten – keine Überraschung – von ihrer Erkundung der neu gewonnenen Heimat. Dabei erzielt Tim gleich zu Beginn einen Lacherfolg:

„Wir machten mehrere Tagestouren mit unseren Bikes ins Voralpenland und ins schöne Chiemgau“ – Gelächter aus der Runde –, „wo wir einige Orte näher erkundeten“. Verständnisvoll erklärt die Stammtischlerin Christine den Lacherfolg: „In Schwob’m (Schwaben) gibt’s dees scheene Allgäu, aber mia hamm den scheen Chiemgau. Und ned grod den! In Richtung Soizburg (Salzburg) liegt der Rupertigau, im Mangfoidoi (Mangfalltal) hod ma (man) friaraszeidn (in früheren Zeiten) vom Sundergau, vom südlichen Gau, gschbrocha (gesprochen). Oiso: Das Gäu, aber: Der Gau.“

„Angekommen“, gibt sich Melissa geschlagen, „aber kann mir jemand von euch Bayern sagen, warum wir auf unseren Touren mehrere Ortschaften gefunden haben, die zwar etwas Bayerisches im Namen haben, aber mal mit ai geschrieben werden, so wie Baierbach am Simssee, oder, so wie Bayrischzell und natürlich das Land Bayern“ – „der Freistaat Bayern“, wirft der Ludwig ein –, „mit ay geschrieben werden?“ Zunächst herrscht Schweigen in der Runde. Niemand weiß die Antwort. Dann beginnt hektisches Handy-Treiben.

Tim meldet sich als Erster: „Da, kuckt mal her, ich hab n Zitat von Könich Lutvich dem Ersten …“ – „König Ludwig dem Ersten“, verbessert die Christine – „…gefunn. Der hat am 20. Oktober 1825, genau eine Woche nach seiner Thronbesteigung, Folgendes zu Protokoll gegeben: ‚Ich will ferner, daß wo der Namen Bayern vorzukommen hat, er wie es eben von mir geschah geschrieben werde, nehmlich mit einem y statt i.‘“

Die Stammtischrunde staunt bei der Lektüre dieser Stelle in Tims Handy etwas über die mangelhafte Kommasetzung im offiziellen Protokoll des bayerischen Staatsratsrates vom 20. Oktober 1820 ebenso wie über die Schreibung von ‚nämlich‘.

„Wia hod insa Lehrer oiwei gsogd? Wer ‚nämlich‘ mit e und mit h schreibt, der ist d“ – „Hoidd! Koa Majestätsbeleidigung bittschee!“, wirft der Sepp ein, freilich ohne genau zu wissen, ob der König diese Verordnung selbst geschrieben hat oder nicht.

Auf Melissas Frage, warum das griechische Ypsilon überhaupt hier Einzug hielt, verweist der Sepp auf die Griechenland-Begeisterung der damaligen Zeit. Und der Ludwig ergänzt: „Bei ins dahoam war’s akkrad a so: ‚Beiharting‘ mid i vorm Zwoatn Wejdgriag, ‚Beyharting‘ danoch mid Ypsilon“: Herrschte also auch dort eine Griechenland-Begeisterung?

Doch das letzte Wort hierzu hat der Zuagroasde Tim: „Seht mal! Von wegen Lutvich, äh, Ludwig als erster Y-Schreiber für Bayern: 100 Jahre vorher gab’s neben ‚Baiern‘ auch die Schreibung ‚Beyern‘.“ Die Erklärung lautet: Das griechische Y diente damals als deutsches ij. „FC Baijern“, hallt es da vom Stammtisch nebenan. Armin Höfer

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