Fotografisch festgehaltene und konservierte Heimat

von Redaktion

Martin Waldbauer zeigt klassisch-analoge Schwarzweiß-Fotografien im Kronasthaus Prien

Prien – Bilder wie aus einer anderen Zeit sind derzeit im Kronasthaus zu sehen: Die Schwarzweiß-Fotografien von Martin Waldbauer (geboren 1986) sprechen für sich. Das Sujet: Menschen. Keine Models, keine fürs Foto extra „Aufgehübschte.“ Sondern vom Leben Gezeichnete, hart Arbeitende. Menschen, die Würde, Stolz, Zufriedenheit ausstrahlen und denen man Verletzlichkeit und nicht zuletzt auch die Vergänglichkeit ansieht. Gesichter, die die Zeit erzählen und die die Spuren der Zeit konservieren.

Da ist die Bäuerin, die mit einem Rechen in der Hand den Betrachter anschaut: Ihr Kopftuch, ihr Arbeitskittel, ihr Werkzeug – es wirkt wie aus der Zeit gefallen, ist Ausdruck harter körperlicher Arbeit, aber noch heute in manchen Gegenden durchaus selbstverständlich. Der alte Bergbauer, dessen Bartstoppeln man versucht ist zu streicheln, so zerbrechlich wirkt er.

Der alte Mann mit Glatze, dem der Lauf des Lebens Spuren ins Gesicht gezeichnet hat. Die ältere Frau, die etwas misstrauisch in die Kamera blickt, und der man ein entbehrungsreiches Leben ansieht. Hände, denen trotz intensiven Schrubbens noch immer Erde anhaftet, Hände voller Schwielen, die doch von Liebe und Hingabe erzählen. Es sind Fotos, die nicht gestellt wirken.

Fotos, die sehr nah dran am Menschen sind. Fotos, die durch ihren intensiven Blick bestechen. Und doch braucht es Mut, um sich so fotografieren zu lassen. Selbst vor dem Tod kennt Waldbauer keine Scheu. Auch wenn die Kamera sich auf die ruhende Hand auf der Bettdecke fokussiert und das Gesicht des dem Tod nahe stehenden Mannes verschwommen im Hintergrund zu erahnen ist, so kommt einem beim Betrachten unweigerlich der Bachsche Choral „Komm, o Tod, du Schlafes Bruder“ in den Sinn. Es ist ein Bild, das trotz seiner traurigen Stimmung Würde und Hoffnung ausstrahlt.

Martin Waldbauer arbeitet in der klassisch-analogen Schwarzweiß-Fotografie, und als wäre das schon nicht genug, so macht einen essenziellen Bestandteil seines Schaffens die Interpretation des Negativs in der Dunkelkammer aus.

Die in der Regel mehrfach getonten Silbergelatineabzüge und die sogenannten Lithprints sind das Resultat seiner intensiven Auseinandersetzung mit diesem Medium. Die Lithprints entstehen zum Teil auf alten Barytpapieren, die mit Lithtechnik zum Leben erweckt werden. Somit werden Waldbauers Bilder zu kostbaren Unikaten.

Seine Bilder setzen Menschen, die sonst nie im Rampenlicht stehen würden, ins rechte Licht. Indem Waldbauer mit seiner Kamera Falten, Runzeln, Schwielen, Bartstoppeln festhält, ihnen auf den Leib rückt, also seinen Fokus unverblümt, direkt und ohne Scheu auf diese vermeintlichen Schwächen richtet, zollt er ihnen Respekt. Es ist Heimat, fotografisch festgehalten und konserviert.Elisabeth Kirchner

Öffnungszeiten

Artikel 6 von 11