Rosenheim – Der Wald ist dunkel, sehr dunkel, und sehr bewegt bzw. beweglich: Darin hausen gar schreckliche Räuber, die auch das einzige Wald-Wirtshaus besetzen: ein Wirtshaus im Spessart. Bisher hat das Freie Landestheater Bayern die Silvesterabende im Kultur- und Kongresszentrum immer mit Operetten oder auch Opern geschmückt, diesmal war es ein Musical, genauer gesagt, „eine musikalische Räuberpistole“, eben „Das Wirtshaus im Spessart“ von Günther Schwenn und Willy Dehmel mit der Musik von Franz Grothe.
Ursprünglich
von Wilhelm Hauff
Die Handlung ist ähnlich der des bekannten Films von 1958 mit Lilo Pulver, 1986 wurde aus dem Film ein Musical. Das Programmheft legt Wert darauf, dass der Ursprung der Handlung von dem Märchendichter Wilhelm Hauff stammt – für die Inszenierung spielt das weniger eine Rolle, außer, dass die Rollen der beiden Handwerker Felix und Peter (aufgeweckt und alert: Christoph Vetter und Andreas Haas) ausgeweitet sind.
Der Inhalt ist bekannt: Komtesse Franziska von Sandau will mit ihrem Verlobten Baron von Sperling nach Schloss Sandau reisen. Im Spessart haben sie einen Unfall, werden von den Räubern gefangen, weil der Räuberhauptmann sich für die Komtesse ein Lösegeld erhofft. Der Graf Sandau weigert sich aber zu zahlen und schickt stattdessen das Militär.
Felix und die Komtesse tauschen die Kleider, der Räuberhauptmann verliebt sich in die Komtesse, muss sich am Ende sowohl gegen eine Räuber-Rebellion als auch gegen das Militär wehren, schließlich aber: Happy End, der Räuberhauptmann, der sich als Graf entpuppt und die Komtesse heiraten.
Vor der Pause tritt die Handlung etwas auf der Stelle, der Zwischenapplaus ist noch spärlich, das Bühnenbild ist oft (zu) dunkel, aber doch auch sehr bunt. Die Umbauten finden auf der offenen dunklen Bühne statt. Doch wenn die Räuber rebellieren und das Militär anrückt, wird’s turbulent (Regie: Julia Dippel). Der Obrist (köstlich preußisch-zackig: Andreas Fimm) befehligt eine Mini-Armee von Soldatinnen, die zu den Anfangstakten von „Preußens Gloria“ einmarschieren und immer anmutig ihre Gewehre schwingen. Der rebellierende Räuber-Corporal (bedrohlich böse und mit glänzender Glatze: Andreas Agler) will den Hauptmann absetzen und wird schließlich als vermeintlicher Räuberhauptmann verhaftet. Die resolute und deftig bairisch sprechende Wirtin (Monika Reiser) und das Räuberliebchen Bettina (ein Carmen-Verschnitt: Melanie Renz, auch Regieassistentin und Choreografin) sorgen lautstark für Ordnung im Wirtshaus. Als zwei etwas trottelige Räuber erheitern Stefan Kastner und Philipp Gaiser das Publikum.
Der Räuberhauptmann ist sichtlich kein geborener Räuber: Harald Wurmsdobler ist ein schlanker, eleganter und sogar sensibler Kerl, dessen österreichisch gefärbtes Deutsch ihm noch mehr Sympathie erwirbt. Die Komtesse reist mit Gefolge: Ihr Verlobter ist eigentlich ein hübsches Mannsbild (Tony Kainz), wenn auch etwas langweilig und am Ende dauerbesoffen. In die nette Zofe (Verena Eckertz) verliebt sich schließlich Felix, der Pfarrer ist eine prachtvolle Knallcharge (Markus H. Eberhard). Die kesse Komtesse ist Carolin Ritter: ein taffes Temperamentsbömbchen mit Schmollmund, Haarpracht und einem quirligen Mezzosopran. Überhaupt singen alle, die singen müssen, natürlich, mittels der Mikrofone immer hörbar und tonschön.
Schmissige
Unterhaltungsmusik
Die Musik von Franz Grothe wird von zwei Melodien dominiert, die sich immer wieder wiederholen. Ansonsten ist es nette und oft schmissige Unterhaltungsmusik. Das Orchester unter der Leitung von Rudolf Maier-Kleeblatt geht immer vergnügt ans Werk, der Schlagzeuger hat alle Hände voll zu tun und der Kontrabassist windet sich verzückt und manchmal entrückt um seinen Bass. Insgesamt war es eine heiter-harmlose Räuberpistole, gerade recht für eine Silvester-Unterhaltung. Den zahlreichen Zuhörern hat’s gefallen.