„Wenn das Frühjahr wieder a bisserl einaschaut“

von Redaktion

Das „Altbayrische Liederbuch“ von 1936 scheint unverwüstlich zu sein

Vermutlich 1936 erschien im Verlag von Schott’s Söhnen in Mainz das „Altbayrische Liederbuch“. Dem in der eigenen Bibliothek gefundenen, vom häufigen Gebrauch sichtlich abgenützten Exemplar fehlt das Deckblatt. Das etwas ramponierte und teilweise verblasste Rückblatt des Umschlags ist erhalten. Der Illustrator Paul Neu (1881 bis 1940) gestaltete es wie die Bilder, die er für das Büchlein schuf, auf seine bekannt-barockisierend verspielte Art: Blumen, Ranken, Blätter, ein springendes Ross und singende Vögel.

„Ein festliches
Büchlein“

Professor Kurt Huber (1893 bis 1943) hat das von ihm so genannte „festliche Büchlein“ zusammen mit dem Kiem Pauli (1882 bis 1962) herausgebracht. Beim Singen und Musizieren sollten nicht nur „bayrische Buben und Dirndln“, sondern die ganze deutsche Jugend „echt bayrische Art“ erleben und erfahren, dass Altbayern der Jugend „viel Tiefes, Ernstes und Herzinniges“ durch seine Lieder „zu sagen“ hat.

Die meisten in Huber/ Kiems Sammlung eingegangenen Lieder wurden mündlich überliefert. Zu den altbayerischen Weisen haben viele Landschaften beigesteuert: Burgenland, Salzburg, Tirol, Kärnten und Steiermark, sogar die entlegene „kleine Gottschee“.

Die 77 durchnummerierten Gesang- und Musikstücke gehören folgenden Bereichen an: Kinderlieder, Weihnachts- und Ansingelieder, „Der Alltag“, Fest- und Jahreszeiten, „Aus der Vergangenheit“, Scherzlieder, Jodler und Juchezer, Tanzlieder und Tanzweisen. Aus Mittenwald kommt das Neujahrslied „In Gottesnamen wir anfahn“, aus Tirol eine Huldigung an die Nachtigall, aus dem niederbayerischen Plattenberg ein „Altes Jagalied“. Dessen zweite und dritte Strophe passen in die ersten Wochen des neuen Jahres:

Wenn das Frühjahr wieder a bisserl einaschaut / und da Bauer d´Linsn naus aufn Acker baut, / da kemman d`Summavögl wiederum ohne Zahl, / sogar der Dachs geht wiederum aus Höhl.

Wenn der Ammerling seinen Schnabel spitzt / und die schwarze Amsel drinn im Dickat sitzt, / da kimmt da Urtltauber und da Uhuhu / und da Voglhabi schreit Kucku.

Was ist mit Linsn gemeint? Wie schaut ein Ammerling aus, ein Urtltauber oder ein Voglhabi? Da schlägt man am besten bei Ludwig Zehetner nach oder fragt die Altvorderen, denen solche Tiernamen noch geläufig sind.

Französische Ausgabe
auf Amazon

Dass das „Altbayrische Liederbuch für Jung und Alt“ – so der ursprüngliche vollständige Titel – noch immer gefragt ist, beweist ein Blick ins Internet. Amazon bietet seltsamerweise eine französische Neuausgabe der frühen 1980er-Jahre an. Unvorstellbar angesichts so vieler altbayerischer Wörter und Redewendungen, die die Sammlung enthält.

Wohl gab es schon kurz nach Ersterscheinen des Buches eine Ausgabe mit dem Titel „Altbayerisches Liederbuch“, so, wie sich die „Altbayerische Heimatpost“ – mit dem „e“ nach dem „y“ – nennt. Zu hören ist es freilich nicht, das kleine e, „bayerisch“ oder „bayrisch“, das ist nicht die Frage. Hans Gärtner