„Geschichten aus den Bergen“ (1889 bis 1892), „Im Passionsdorfe“ (1890), (1892), „Tirol und Vorarlberg. Neue Schilderung von Land und Leuten. Mit farbigen Trachtenbildern“ (1894), „Amor im Hochland“ (1899) oder „Von der Umsturznacht bis zur Totenbahre. Die letzte Leidenszeit König Ludwigs III. (König von Bayern)“ (1922): Nein, weder Ludwig Thoma noch Ludwig Ganghofer – beide lebten 1922 schon nicht mehr – sind die Autoren dieser zeitgeschichtlichen und romanhaften Darstellungen gewesen, sondern Arthur Achleitner. Achleitner kam am 16. August 1858 in Straubing auf die Welt und starb am 29. September 1927 in München.
Achleitner war nach seiner Gymnasialzeit in Straubing als Lehramtsstudent an der Universität Salzburg eingeschrieben und lernte so das Alpen- und Voralpenland kennen. Nach dem Tode seines Vaters brach er das Studium ab und begann ein Leben voller Reisen in fast ganz Europa. Er schrieb Reiseberichte für große Zeitungen und wurde ab 1878 Redakteur bei der „Süddeutschen Presse“. Später lebte er als freier Schriftsteller.
Für diese Ortsnamen-Serie sollte, so war der Plan, das Buch von 1902 „Bayerische und salzburgische Namen. Handbuch zur Namenkunde“, geschrieben von Arthur Achleitner, Professor und Hofrat, herangezogen werden, um den Kenntnisstand in dieser Materie bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts zu würdigen. Das Werk eines akademischen Doppelgängers? Mitnichten! Der Reiseschriftsteller und der Onomatologe – Namenforscher – sind ein und dieselbe Person. Auch wenn im Internet bei der Liste der Werke des Schriftstellers dieses Handbuch nicht auftaucht, wird dort die Verleihung der Titel Professor (1897) und Hofrat (1900) durch Friedrich I., Herzog von Anhalt, erwähnt. Achleitner war Romancier und Wissenschaftler zugleich.
Aber hält sein „Handbuch“ auch heute noch wissenschaftlichen Ansprüchen stand? Zumindest die gewählten Quellen sprechen dafür. Beispielsweise das bayerische Wörterbuch von Johann Andreas Schmeller – Achleitner zitiert ihn falsch als „Christian“ – und Werke der Professoren Riezler und Kübler.
Machen wir die Probe aufs Exempel: Der Name Bad Aiblings wird also schon 1902 gemäß der Schreibung „epilingun“ als Ort „zu den Nachkommen eines Epilo“ erklärt; Flintsbach – geschrieben „Flinsbach“ – wird bis heute auf „Flins, Kieselstein, Fels“ zurückgeführt. Für Rosenheim nennt Achleitner neben dem Vorschlag des Autoren Hartwig Peetz – „Rossenham, Heim der Pferdezucht“ – die gängige Erklärung „Heim eine Ruozo, Rozo“. Der Chiemsee wird wie Chieming vom Personennamen „Chimo“ hergeleitet – wie heutzutage.
Vielleicht nicht mehr haltbar, aber zumindest anregend sind die Deutungen zweier sehr bekannter Bergnamen. Der Name des Heubergs ist bei Achleitner „verdorben aus Hauberg, hauen, roden im Walde“; er stammt nicht vom „Heu“ oder von einem „Gehege“, wie andere Heuberg-Namen heute erklärt werden.
Für den Wendelstein schließlich dient bei Achleitner nicht die Wendeltreppe als Erklärung, sondern das althochdeutsche Wort „wantalon, verwandeln, verkehren, von der Vielgestaltigkeit seiner Form, je nachdem man ihn von Zell – Bayrischzell – oder Aibling, Neuhaus oder Brannenburg aus betrachtet, also: Wandelstein“. Fantasievoll, oder?Armin Höfer