Bad Aibling – Auf eine bewegte Lebensgeschichte blickt der Maler Burkhart Braunbehrens zurück. Braunbehrens, Jahrgang 1941, erhielt von 1957 bis 1959 bei keinem Geringeren als dem Maler Willi Geiger Unterricht. Mit dem Studium verschiedener Geistes- und Sozialwissenschaften fuhr Braunbehrens fort. In den 1960er-Jahren engagierte er sich vehement in der Studentenbewegung, saß sieben Monate wegen einer Demonstration gegen die Anwesenheit des früheren Verteidigungsministers der USA, Robert McNamara, bei einer Weltbankkonferenz im Gefängnis. Später verdiente er sein Geld als Industriearbeiter und schloss eine Druckerlehre ab.
Veranwortung
eines Erben
2012 ging sein Name bundesweit durch die Medien. Braunbehrens hatte von seinem Vater Anteile an der Rüstungsfirma Kraus-Maffei Wegmann geerbt und saß sogar im Aufsichtsrat des Konzerns. Weil er öffentlich den Verkauf von Leopard-Panzern an Saudi-Arabien zu verhindern versuchte, wurde er schließlich aus dem Aufsichtsrat abgewählt. Der Verkauf scheiterte letztendlich. Das alles bestimmte seinen Weg, letztendlich blieb er bei der Malerei.
Die Auswahl für die aktuelle Ausstellung „Politics“ im Kunstverein Bad Aibling beginnt mit Bildern aus dem Jahre 1983 und endet 2021. Aus diesem Zeitraum sind mit Bedacht Gemälde ausgesucht, die sich thematisch mit den Max-Mannheimer-Kulturtagen überschneiden. Mit der Veranstaltungsreihe in Bad Aibling wird Mannheimers gedacht, der drei Konzentrationslager überlebt hat.
Da stehen sie in Reih und Glied, die Frauen und Männer, die die Geschicke unseres Landes lenken bzw. lenkten. Mit feinem Strich in Aquarell gemalt, die Gesichter für die Betrachter der älteren Generation erkennbar, korrekte dunkle Anzüge, aufrechte Haltung. Noch haftet die Aquarellfarbe auf dem Papier, aber im nächsten Arbeitsgang verläuft die Farbe bereits, denn Braunbehrens benutzt kein Aquarellpapier, sondern normales Zeichenpapier. Hier diffundiert die Farbe auseinander , die Gesichter verzerren sich, werden breit und die Augen wachsen zu schwarzen Höhlen. Nicht wie Karikaturen wirken die Menschen, sondern wie satirische Darstellungen, in denen die Personen bewusst bagatellisiert werden. Immer wieder begegnet dem Besucher der Aiblinger Galerie auf den Gemälden Helmut Kohl, mächtig in Gestalt und groß die Brille. Mal handelt es sich um ein singuläres Porträt des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers, mal ist er mit DDR-Staatschef Erich Honecker gemeinsam im Bild festgehalten, ein einander zugewandtes Gespräch findet statt.
Rätselhaft bis erschreckend ist das Porträt von Kohl, in dem sein Kopf förmlich zu platzen droht. Man schreibt das Jahr 1989, die Ereignisse überstürzen sich, es geschieht mehr, als ein Mensch verkraften kann. Intensives Rot und ein wildes Durcheinander an Linien kennzeichnen den Zustand des Politikers.
Vision des
Schreckens
Das Gebäude des Hamburger Konzentrationslagers Neuengamme ist Inhalt eines weiteren Bildes. Es wäre ein interessantes Gebäude, gäbe es da nicht die großen Rampen an der Vorderfront, die es den Zügen ermöglichten, mit den Insassen bis in das Haus hineinzufahren. Eine Vision des Schreckens tut sich auf.
Und noch ein weiteres Bild erinnert an grausame Geschehnisse: Ein Vater hat sich zum Schutz seines Sohnes über ihn geworfen. Das Bild trägt das Datum 1988, auf der Leinwand steht geschrieben: „Made in Germany“. Giftgas aus deutscher Produktion hat Verheerendes in anderen Ländern angerichtet. Braunbehrens macht es sich nicht leicht, aber seinem Publikum auch nicht. Als letztes Bild zeigt die Ausstellung eine in den Farben wunderschöne Rose, aber sie ist bereits verwelkt. „Welke Rose“ lautet der Titel, Aquarell 2021.