Rosenheim – Seit 15 Jahren gibt es „The 12 Tenors“, fast jedes Jahr gastieren sie im Kultur- und Kongresszentrum, und jedes Mal ist der Saal ausverkauft. Das Erfolgsrezept ist so einfach wie wirkungsvoll: Zwölf Tenöre aus vielen Ländern – heuer aus Großbritannien, Niederlande, Kolumbien, Australien und den USA – mit kraftvollen Stimmen, gutem Aussehen, Tanzlust und Show-Erfahrung singen vor allem Pop-Songs, unterstützt von einer dreiköpfigen Band und einer tollen Light-Show. Sie singen sich durch die Charts, meistens ein-, manchmal mehrstimmig, und das alles zu einer ausgeklügelten Choreografie.
24-fache
Stimmkraft
Jeder dieser Tenöre könnte auch alleine auf einer Opernbühne bestehen, zusammen haben sie nicht nur die zwölffache, sondern, weil alle mit Mikrofonen singen, vierundzwanzigfache Stimmen-Power. Auch die Band mit zwei Keyboards und Schlagzeug entwickelt einen kraftvollen Sound – aber alles ist gut abgemischt: Es ist durchaus phonstark, aber es fallen einem nicht die Ohren ab.
Der einzige deutsche Tenor ist von Anfang an dabei: Alexander Herzog aus Nürnberg, der im Windsbacher Knabenchor seine Gesangskarriere gestartet und dann an der Musikhochschule Nürnberg vervollständigt hat. Er heizt als Moderator die Stimmung im Saale an, kokettiert dabei selbstironisch mit seiner kugelrunden Figur und hüpft und tanzt genauso wie die anderen Tenöre temperamentvoll auf der Bühne.
Die Tenöre gruppieren sich zu immer neuen choreografischen Formationen, stehen auf Podesten übereinander, in einer Reihe aufgereiht, zu einer Gruppe vereint oder gar gegenüber: Den ewigen italienischen Tenor-Schlager „O sole mio“ inszenieren sie als Boxkampf mit zwei Tenor-Gegnern: Wer kann höher und länger singen? Das Publikum wird dabei ebenso in zwei Lager geteilt, um den jeweils Singenden anzufeuern – und die Zuhörer machen begeistert mit, johlen, pfeifen und klatschen „ihren“ Favoriten zum tenoralen Sieg. Da gerät die Musik denn doch arg in den Hintergrund – doch die Stimmung stimmt.
Schon den „Funiculi-Funicula“-Tenor-Hit benützen die Tenöre als Mitklatsch-Intro, auch der Udo-Jürgens-Schlager „Aber bitte mit Sahne“ kommt als Disco-Aufheizer mit Klatschen auf der Eins und Drei daher ebenso wie „Bella ciao, ciao, ciao“. Und bei „Pretty Woman“ stehen alle, tanzen und klatschen hochbegeistert und singen – zumindest den Titel – lauthals mit. Ein Potpourri aus klassischen Tenor-Arien bis hin zu „Granada“ benützen die Sänger im Wesentlichen, um mit ihrer Stimmkraft zu protzen, Opern-Feinsinn wäre da fehl am Platz.
Auch feine Töne
sind zu hören
Feinere Töne gibt‘s dann durchaus bei „You raise me up“, bei dem die Sänger auf ihr Engagement für „RTL – Wir helfen Kindern“ verweisen, bei „Imagine“ von John Lennon sowie bei der durchaus schwierig zu singenden „Bohemian Rhapsody“ von Queen, die tonrein kommt. Doch am Schluss kocht die Stimmung im Saale wieder hoch, als die Tenöre zu Joe-Cocker-Musik einen heißen Halb-Striptease auf der Bühne hinlegen und ihre Sixpacks zeigen.
Alles endet schließlich mit „Time to say goodbye“ im Lichtermeer der hochgehaltenen Handys und mit dem Versprechen der zwölf Tenöre, im nächsten Jahr wiederzukommen.