Wasserburg – Mit großer Begeisterung wurde die Premiere des Stücks „Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel“ von Theresia Walser am Theater Wasserburg aufgenommen. Die Politsatire zeigte, dass auch Diktatoren-Ehefrauen in ihrer monströs-korrupten Erlebniswelt ihren vom Volk davongejagten Männern meist ebenbürtig sind.
Imelda Marcos, Margot Honecker, Leïla Ben Ali oder jüngst Asma al-Assad stehen beispielhaft für jene Herrscher-Gattinnen, die ihr Land schamlos ausgeplündert haben. Abgeschottet von Leid und Armut häuften sie unfassbare Reichtümer an. Sie schwelgten weiterhin in Luxus, während ihre Ehemänner das Volk terrorisierten und Regimegegner ermorden ließen. So heißen dann auch die Protagonistinnen in Theresia Walsers Stück Imelda, Margot und Leila.
Luxus-Frauen
im Cäsaren-Wahn
Die drei abgehalfterten Ex-First-Ladys haben sich zu einer Pressekonferenz versammelt. Ihr Leben soll verfilmt werden. Hoch motiviert versucht der Dolmetscher Gottfried Saalmeister, die Egozentrikerinnen miteinander ins Gespräch zu bringen. „Ob Weltherrscher oder Kaninchenzüchter, ohne mich wär alles nichts“, vertraut Saalmeister auf sein Sprachgenie. Leider laufen alle seine Bemühungen um eine charmante Talkrunde aus dem Ruder. Saalmeister verlässt mehr und mehr den Pfad des vereidigten Übersetzers. Seine immer freieren Interpretationen gestatten dafür einen immer tieferen Einblick in den Cäsaren-Wahn der Diktatorenfrauen. „Zu einem bedeutenden Leben gehört auch ein Attentat“, rechtfertigt sich Imelda, die neben 3000 Paar Schuhen auch 1800 teils kugelsichere Büstenhalter besessen haben soll. Überhaupt seien ihre Biografien für einen banalen Film viel zu überragend, allein die große Oper könnte angemessen sein.
Anette Segerer inszenierte die temporeiche Komödie um Frau „Margot“, Frau „Imelda“ und Frau „Leila“ mit viel Liebe zum Detail. Die Diktatoren-Gattinnen saßen an Schminktischen, nur ohne Spiegel, dafür aber mit direktem Blickkontakt zum Publikum. Alle drei Ex-First-Ladys versprühten eine grenzenlose Hybris, bar jeder Form von Unrechtsbewusstsein. Amelie Heiler spielte die unbelehrbare Betonkommunistin Margot Honecker, die mit ihrem Mann Erich nach der deutschen Wiedervereinigung zunächst in Moskau und dann später in Chile Asyl erhielt. Rosalie Schlagheck war die raffgierige Leïla Ben Ali. Ihre Flucht während der Revolution in Tunesien im Jahr 2011 führte sie nach Dubai mit eineinhalb Tonnen Gold als Reisekasse im Gepäck. Imelda wurde von Susan Hecker gespielt. Die für ihre verschwenderische Extravaganz bekannte Präsidentengattin kehrte neun Jahre später aus dem Exil zurück. Sie wurde sogleich mit einem Sitz im Unterhaus belohnt. Ihr Sohn Ferdinand Marcos Jr. ist heute übrigens philippinisches Staatsoberhaupt und Präsident in Personalunion.
Zwischen Satire
und Realität
Alle drei Darstellerinnen überzeugten mit einer schauspielerischen Glanzleistung, exakt am Scheitelpunkt zwischen unterhaltsamer Satire und der bitteren Realität des entrücktem Größenwahns platziert. Thorsten Krohn komplettierte als „Übersetzer“ Gottfried Saalmeister das ausdrucksstarke Ensemble. Anfangs war er noch redlich bemüht, die Rivalitäten unter den verkrachten Diktatorenfrauen auszugleichen. Dann aber wurde er zum Impulsgeber und zur Zündschnur für ein unglaublich lustiges Kommunikationschaos, eine kaum zu überbietende Situationskomik, die alle Sinne gleichermaßen beanspruchte. Mit dem „alten“ Neue-Deutsche-Welle-Hit der Gruppe DAF „Ich tanz den Mussolini“ endeten schließlich die bizarren Lebenserinnerungen von Margot, Leila und Imelda mit einem fulminanten Schlussapplaus.