Ein schwarzer Porsche tanzt Tango

von Redaktion

Hamburger Bläserquintett mit einem fröhlichen Konzert

Wasserburg – In Wasserburg hat er eine glückliche Kindheit verbracht und im Alten Friedhof von Wasserburg ist er begraben: der Komponist und Wasserburger Ehrenbürger Hans-Melchior Brugk (1909 bis 1999). Seine Musik wird nur noch selten gespielt – zu Unrecht, wie das Hamburger Bläserquintett bewies, das bei seinem Konzert im Rathaussaal Brugks Es-Dur-Serenade spielte. Die Tochter des Komponisten, Angela Brandt-Brugk, die in Hamburg lebt, hatte dies initiiert, war anwesend und wurde mit einem Blumenstrauß geehrt. Als Antwort darauf verkündete ihr Mann, künftig diese Serenade als „Wasserburger Hymnus“ firmieren zu lassen: eine ehrenvolle Würdigung.

Farbig und fantasievoll

In der Tat ist es eine höchst farbige, fantasievolle und lebensfrohe Musik: Nach einem Anfang mit Aplomb geht es fröhlich-munter weiter mit einer Horn-Fanfare, die von den anderen Bläsern aufgenommen, weitergeführt und verarbeitet wird. Eine melodiös voranschreitende Musik im Wander-Gestus herrscht im Andante, das alle fünf Instrumente gleichwertig zur Geltung kommen lässt – Kehraus-Atmosphäre mit einem überraschend besinnlichen Zwischenteil im Finale. Zum allerersten Mal sei diese Serenade nun aufgeführt worden, sagte der Klarinettist, der kenntnisreich-humorvoll und charmant durchs Programm führte: Eine Premiere und ein Hymnus – Merkmale eines Konzerts voller Bedeutung und Werthaltigkeit.

Das Bläserquintett mit Imme-Jeanne Klett (Flöte), Gonzalo Mejía (Oboe), Johann-Peter Taferner (Klarinette), Emanuel Jean-Petit-Matile (Horn) und Pierre Martens (Fagott) überzeugte und begeisterte durch absolute solistische Perfektion, durch belebendes Zusammenspiel, mitreißendes Temperament und farbige Klanglichkeit. Die leichten Schärfen im Forte ließen sich mindern, wenn man weiter weg saß, dafür war das Fagott außerordentlich warm und weich im Klang.

Das Konzert begann mit dem Divertimento B-Dur von Joseph Haydn, das mit dem „Chorale St. Antoni“, den später Brahms als Thema für seine Variationen über ein Thema von Joseph Haydn wählte: eine kluge und logische Programmfolge. Feinsinnig und feintönend und sprechend phrasiert ist das Spiel der Fünf, Haydns spritzigen Humor mit den vielen Überraschungen spürten sie empathisch nach und spielten den Wechsel von dunklen und hellen Instrumenten im Menuetto schön aus. Die Charakteristik der einzelnen Brahms-Variationen hoben sie rhythmisch markant hervor, mit dynamischer Wucht, aber auch seelenvollem Piano. Mit viel Schwung und Elan boten sie dann Teile der Harmoniemusik zu dem „Sommernachtstraum“ von Felix Mendelssohn Bartholdy mit einem Notturno von Eichendorffscher Romantik und flottem Tempo, in dem die Elfen wirbelnd vorbeitanzten. Allenfalls hätten die Handwerker in ihrem Satz etwas langsamer, etwas gravitätischer und damit ironischer auftreten können.

„Aires Tropicales“, also tropische Lüfte, und damit südamerikanische Lebenslust herrschten im letzten Programmteil: Die „tropischen Lüfte“ von Paquito d’Rivera (Jahrgang 1948) waren erfüllt von lateinamerikanischen Tänzen, in denen der Oboist mit den rhythmusgebenden Maracas rasselte und die Musiker dazu rhythmisch-rasant aufstampften.

In der „Belle Epoque en Sud-America“ von Julio Medaglia (Jahrgang 1938) gab’s einen merkwürdigen Satz mit dem Titel „El Porsche Negro“: ein schwarzer Porsche tanzt Tango. Und ein Tango, nämlich der berühmte „Libertango“ von Astor Piazolla (1921 bis 1992), beschloss auch das Konzert mit einem furiosen Schluss-Triller. Den nun endgültig restlos begeisterten Zuhörern im nicht ganz vollen Rathaussaal schenkten die Musiker noch eine Zugabe, nämlich die Bagatelle Nr. 1 von Györgi Ligeti (1923 bis 2006) mit dem ironisch verhauchenden Schlusston. An den beiden folgenden Tagen konnten auch Zuhörer in Bad Aibling und – programmgekürzt – auf Schloss Hartmannsberg dieses Konzert erleben.

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