Traunstein – Es gibt eine ganze Reihe von Passionsoratorien: Wahrscheinlich die bekannteste ist die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach, gefolgt von der Johannespassion, die Bach als erste während seiner Amtszeit als Thomaskantor in Leipzig 1723 komponierte. Dekanatskantor Matthias Bertelshofer, der seit Mitte 2020 in Traunstein als Organist und mit Chören arbeitet, brachte Bachs berühmtes Werk mit großem Erfolg und vor begeisterten, tief ergriffenen Zuhörern in der voll besetzten Auferstehungskirche zur Aufführung.
Der gemischte Chor in großer Besetzung, etwa 60 Mitglieder stark, das Barockorchester der Kantorei Traunstein und sechs hervorragende Gesangssolisten verstanden es unter der versierten Leitung von Matthias Bertelshofer von Beginn an, die Emotionen der Zuhörer stark zu bewegen: Schmerz, Trost, Liebe, Freude, aber auch Bosheit, Neid, Massenhysterie werden durch Bachs Musik so ausgedrückt, dass sich der Hörer nicht entziehen kann. Ein ergreifendes musikalisches Erlebnis, dem die Zuhörer erst am Ende der Passion durch lange anhaltenden Applaus und stehende Ovationen Ausdruck geben konnten. Klanggewaltig war der Chor, den Dirigent und Chorleiter Matthias Bertelshofer durch offenbar intensive und disziplinierte Probenarbeit dazu gebracht hatte, dass ein beinahe immer harmonisch einheitlicher Klangkörper entstand, obwohl die Sänger sowohl vom Alter als auch der stimmlichen Vorbildung her sehr unterschiedlich sind.
Völlig harmonisch waren die Solisten von Anfang an in das Ensemble eingebettet: Konstantin Igl als einfühlsamer Tenor und Evangelist, als kraftvoller Bassist Martin Burgmaier, der die Stimme des Jesus sang, ebenfalls Bass Thomas Hamberger als Pilatus und Benjamin Sattlecker, der die Bassarien wunderschön mit fein modulierender Stimme sang. Schön erklangen auch die volle Sopranstimme von Diana Plasse und die volltönende Altstimme der Mezzosopranistin Tamara Obermayr. Alle beherrschten sie die zarten, weichen Töne ebenso ungekünstelt und überzeugend wie die kraftvoll temperamentvollen, wenn das Geschehen immer hitziger wird, so wenn das Volk von Pilatus verlangt, Barnabas und nicht Jesus zu begnadigen.
Der harmonische Wechsel zwischen Rezitativen, Arien, Choral- und Chorpassagen zog die Zuhörer vollständig in ihren Bann. Am Schluss fesselte der Chor die Zuhörer noch mit dem anrührenden Chorgesang „Ruht wohl ihr heiligen Gebeine, die ich nun weiter nicht beweine…“ und dem Schlusschoral „… Herr Jesu Christ, erhöre mich, ich will dich preisen ewiglich!“ Ein bewegender Einstieg in die kommende Passions- und Osterzeit. Christiane Giesen