Am Ende des vorherigen Artikels dieser Ortsnamen-Serie erging an die Leserschaft der Aufruf, nach einem historischen zweiten „Wirt von Dred“ zu forschen. Warum diese Aufgabe? Vorab die real existierende Situation: Im Dorf Jarezöd, Gemeinde Großkarolinenfeld, gibt es eine Gaststätte, die weithin als „Wirt von Dred“ bekannt ist. „Dred“ ist der in der Sprache der einheimischen Bevölkerung übliche Kurzname für Jarezöd, das im 19. Jahrhundert noch als Jaretsöd“ geschrieben worden ist. Wenn man das Bestimmungswort „Jared“/„Jaret“ weglässt und die Ortsangabe „auf/in/á (kurzes, helles a) der Öd“ schnell spricht, kommt „Dred“ heraus.
Nachdem für „Jaretsöd“ schon für 1602 die Existenz einer „Taferne“ nachweisbar ist, was im Jahre 1752 mit dem amtlichen Eintrag „Wirt“ bestätigt wird, hat uns der ebenfalls für das Jahr 1752 vorliegende Eintrag im „Historischen Atlas Bayern, Landgericht Rosenheim“, überrascht, den der Historiker Richard van Dülmen 1978 in seinem Atlas vorgenommen hat: „Öd (Einöde, Gemeinde Tattenhausen), 1 Anwesen: Kirche Lauterbach ½ (Wirt auf der Ed)“.
Sollte also tatsächlich ganz in der Nähe von Jarezöd ein weiterer Ort mit dem Namen „Öd“ zusammen mit einer weiteren Gastwirtschaft existiert haben? „Vo Ort zu Ort“-Leser Manfred Schaulies ist da vollkommen anderer Meinung. Der ehrenamtliche Archivar des „Historischen Vereins Bad Aibling“ hat herausgefunden: Eine Einöde namens Öd, zumal ganz in der Nähe von Jarezöd, hat es nie gegeben! Somit auch keine zweite Gaststätte neben der in Jarezöd. Entscheidend für die Lösung des Rätsels, so der Fachmann, sei beim Eintrag „Od“ der Hinweis auf die Kirche zu Lauterbach gewesen. Bei der Suche nach dem einzigen Ort im Bereich des ehemaligen Verwaltungsamtes „Kolberamt“ mit dessen relevanten „Hauptmannschaften“ – also mit dessen damals kleinsten Verwaltungseinheiten – Deutlstätt, Bichl und Tattenhausen, der sich im Besitz der Kirche von Lauterbach – heutzutage ein Ortsteil der Gemeinde Rohrdorf – befand, konnte als einziger Beleg nicht etwa der Ortsname Öd, sondern der Name Krieplstätt ausfindig gemacht werden.
Schaulies hatte in seinen historischen Quellen hierzu den folgenden Beleg gefunden: „Bernhardt Täschl von Krieplstätt, dem Gottshaus Lauterbach, hat Leibgeding Lehen“, was zusammen genau ½ Hof ausmacht. Ein „Wirt auf der Ed“ ist hier nicht aufgeführt.
Der Einödhof in Krieplstätt/Kriplstett/Krippellstätt/ Krippelstätt war also nie ein Wirtshaus. Der Hof ist bis Mitte des 19. Jahrhunderts nachweisbar, fiel aber später einer Hofwüstung zum Opfer. Das gleiche Schicksal erlitt konsequenterweise der Ortsname Krippelstätt: Bleibt noch ein kurzer Blick auf das heute noch existierende, nordwestlich von Tattenhausen gelegene Öd. Dieses wurde – neben der Schreibung „Edt“ – auch als „zu, auf / in der Tredt, Tred“ geschrieben (Manfred Schaulies). Sollte daher gar keine Öde, sondern eine „Tret“ oder Tradt“, ein Sammelplatz des Viehs oder eine Viehweide, gemeint gewesen sein? armin höfer