Die Vergangenheit kennt kein Ende

von Redaktion

Wolfgang Schweigers neuester Krimi lässt die Polizei schmoren

Chiemgau – Wenn in Deutschland von Vergangenheit die Rede ist, geht es meistens um die Zeit des Nationalsozialismus, so auch im neuesten Kriminalroman von Wolfgang Schweiger „Die Vergangenheit kennt kein Ende“. Doch die deutsche Geschichte liefert nur den Rahmen, der Roman spielt etliche Jahre nach dem Ende des Krieges. Während dessen hatten zwei Frauen die Mordlust eines damaligen SS-Offiziers und Kriegsverbrechers bei einem Todesmarsch beobachtet. Ein späterer Briefwechsel gab darüber Aufschluss. Daher mussten sie dies später, als der betreffende Mörder ihre Aufenthaltsorte herausgefunden hatte, mit ihrem Leben bezahlen.

Es geht brutal zu in diesem Krimi. Es brennt, und dies auch symbolisch. Feuertod und falsche Fährten steigern die Spannung. Mehrere Handlungsstränge laufen schon beim ersten Doppelmord zusammen. Weitere Morde folgen, und es stellt sich naturgemäß erst spät heraus, wer der Täter ist. Zuvor begeht ein Unschuldiger Selbstmord. In 40 Kapiteln, über denen fortschreitend immer mehr abgebrannte Zündhölzer – für jeden Mord einen – abgebildet sind, bemühen sich ein Kriminaler und später ein Journalist um die Lösung der Fälle. Der mörderische Drahtzieher als Verkörperung des Bösen lässt sich indes nicht so schnell unterkriegen. Sein Doppelleben bleibt lange verborgen. Eingeflochten in den komplexen Handlungsfortgang sind zwei Liebesgeschichten – die jedoch beide aus unterschiedlichen Gründen scheitern.

Wolfgang Schweiger versteht es, seinem Krimi ein authentisches Lokalkolorit zu verpassen. Dabei geht es ihm nicht nur um weitgehend geografische Korrektheit, vielmehr versetzt er den Leser gekonnt in die Stimmungen an den Orten der verschiedenen Situationen – auf dem Moserhof zum Beispiel oder im Gasthaus in Beching – ein symbolischer Ort, den Schweiger schon in einem früheren Krimi geschaffen hat. Besonders die Psychologie in den menschlichen Beziehungen sorgt durch die Dialoge für Spannung und dafür, dass sich der Leser sofort mit „den Guten“ identifiziert.

Die Liebesgeschichte des Journalisten Holger Seiffert zur Lehrerin Marlene Hofbauer aus eben diesem Beching lässt sich romantisch an, um dann den Gegensatz zu dem, was folgt, noch stärker hervorzuheben.

Auch die Gefühle des Kriminalpolizisten Mehringer zu seiner Gerda lockern zunächst das brutale Geschehen auf, werden jedoch auf dem Altar des Kriminalfalles und seiner Lösung geopfert. Das Verhältnis Oper-Täter dreht sich am Schluss, denn hier schreitet Mehringer zur Tat, auch um sein schlechtes Gewissen wegen des Suizids, den er nicht verhindern konnte, zu beruhigen. Die Halskette, die er seiner Freundin Gerda schenken wollte, landet im Bach. Noch eine Umkehrung der Rollen. Schweiger jongliert mit den Stilmitteln.

„Die Vergangenheit kennt kein Ende“ klingt nach einem philosophischen Titel. Er ist eine Behauptung, deren Beweis im Krimi geführt wird. Die tiefer liegenden, im menschlichen verborgenen Gründe zu eruieren und warum alles so kommt, das bleibt dem Leser überlassen. Dieser möchte vielleicht am Schluss nur den Kopf schütteln über so viel Bosheit. Vielleicht aber nimmt er in diesem grausamen Spiel auch – über das Buch hinaus – eine Botschaft wahr, nämlich hinter die Dinge und den Anschein zu schauen, um dann früher den wahren Menschen und seine (bösen) Absichten zu erkennen.

Wolfgang Schweiger lebt in Traunstein. Seit 1984 hat er mehr als 20 Drehbücher und Krimis veröffentlicht. Zusätzlich arbeitet er als Kulturberichterstatter im südostbayerischen Raum.jan

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