Bewegende Johannes-Passion

von Redaktion

Wasserburger Bach-Chor und Bach-Collegium Wasserburg im Historischen Rathaussaal

Wasserburg – 301 Jahre ist es her: Im Karfreitagsgottesdienst 1724 erklang die „Johannespassion“ von Johann Sebastian Bach zum ersten Mal in der Leipziger Nikolaikirche. Doch nimmt die Bildhaftigkeit der Musik bis heute gefangen und vermag Trost zu spenden.

Der Wasserburger Bach-Chor unter der bewährten Leitung von Angelica Heder-Loosli führte anlässlich seines 40-jährigen Bestehens die Johannes-Passion auf. Und so viel sei vorab verraten, auch im Wasserburger Rathaussaal verfehlte das musikalisch gefasste Glaubensbekenntnis nicht seine Wirkung. Auch wenn die Zuhörer die Botschaft nicht nachwirken ließen, sondern sofort mit dem Verklingen des Schlussakkords Solisten, Chor und Orchester lautstarken Applaus spendeten.

Dissonanzen sorgen für Spannung

Doch der Reihe nach: Markante Dissonanzen läuten bekanntermaßen im Vorspiel der Johannes-Passion musiktheatralische Spannung ein. Ein kompositorischer Griff Bachs, dem sich das Bach-Collegium Wasserburg freudig, aber gesetzt-getragen widmete. Überhaupt hätte der Eingangschor wie auch der ganze erste Teil mit seinen ruhigen Tempi und seinen Fermaten in den Chorälen durchaus mehr Dynamik vertragen können. Spannung kam erst auf in den nachfolgenden Szenen bis zum Tod Jesu am Kreuz. Der Wasserburger Bach-Chor agierte diszipliniert und artikulierte bestens. Vor allem in den Teilen „Verhör und Geißelung“ sowie „Verurteilung und Kreuzigung“ schuf der Chor zusammen mit Orchester und Solisten musikalisch-dramatischen Hochgenuss. Das Bach-Collegium Wasserburg unter Konzertmeisterin Marija Hackl mit Mitwirkenden aus der Region und dem süddeutschen Raum erwies sich durchgängig als präsenter Begleiter.

Die obligaten Soli, insbesondere der Basso continuo, waren überzeugend. Cellist Raphael Gütter und Felix Spreng an der Orgel waren weit mehr als nur die Grundierung des rezitativischen Geschehens.

Eindrücklich, wie Steffen Kruse seinem Evangelisten-Bericht den nötigen dramatisch-vorwärtsdrängenden Impuls verlieh. Mit seiner Tenor-Arie „Erwäge… in allen Stücken dem Himmel gleiche…“ entführte er in himmlische Sphären. Sopranistin Roswitha Schmelzl bestach mit Präsenz und Transparenz: Mit der Arie „Zerfließe, mein Herze“ ließ sie wahrlich die Herzen der Zuhörer schmelzen. Bewegend auch, wie Altistin Dominika Hirschler den Tod Jesu verkündete: „Es ist vollbracht“ war wohlfein natürlich dosiert. Niklas Mallmann bewegte in der Partie des Jesus und trieb den Chor als Bass-Solist bei „Eilt, ihr angefochtenen Seelen“ an. Tobias Gründl, der kurzfristig für den erkrankten Anian Gambos einsprang, gab den Pilatus: Bildlich sah man den unentschlossenen Pilatus auf dem Richterstuhl, während das Volk „weg, weg“ und die Kreuzigung Jesu forderte.

„Ich will dich
preisen ewiglich“

Tiefen Glauben und Zuversicht vermittelten die nachfolgenden ruhigen Arien und Rezitative, gekrönt vom von allen Mitwirkenden dargebotenen finalen Choral „Ich will dich preisen ewiglich.“ Chapeau für Chorleiterin und Dirigentin Angelica Heder-Loosli, die nur mit Händen und wenigen Gesten dirigierte. Und doch auch verstand, mit ausgebreiteten Armen noch mehr Strahlkraft beim Chor herauszukitzeln: „Durch das Gefängnis, Gottes Sohn, muss uns die Freiheit kommen.“

Ein ergreifendes Finale, das eben nicht mit dem Tod endet, sondern im Gottvertrauen. Gepaart mit Musik, deren Wirkung noch lange nachhallen soll, auch wenn das geneigte Wasserburger Publikum wohl dieser Spannung nicht lange standhalten wollte.

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