Schockierende Kriegsberichte und spannende Begegnungen

von Redaktion

Klaus G. Förg legt einen neuen Band mit Zeitzeugenberichten aus dem Zweiten Weltkrieg vor – Josef Ratzinger als Flakhelfer

Rosenheim – Klaus G. Förg, Verleger des Rosenheimer Verlagshauses und der Edition Förg sowie Autor einer ganzen Reihe eigener Bücher, hat sich in jüngerer Zeit auf ein Spezialgebiet fokussiert: Er sammelt die Aussagen und Dokumente der letzten Zeugen, die den Zweiten Weltkrieg noch bewusst miterlebt haben. Auf diese Weise sind in den vergangenen Jahren bereits vier Bücher entstanden: „Unglaubliches überstanden“, „Irgendwie überlebt“, „Hinter rotem Stacheldraht“ sowie „Dem Wahnsinn entkommen“ – das Letztere dürfte Lesern aus der Region vor allem durch die Erinnerungen des bekannten, mittlerweile verstorbenen Rosenheimer Künstlers Josef Hamberger an seine Soldatenzeit lebhaft in Erinnerung geblieben sein.

Sein neuestes Buch aus der gleichen Reihe trägt den Titel „Endlich vorbei“, und das einprägsame Coverbild mit den drei Kindersoldaten, die den Weltkrieg überstanden haben, stimmt gleich auf die Thematik ein: Diesmal sind es sieben Beiträge mit Zeitzeugenberichten aus dem Zweiten Weltkrieg, die Klaus G. Förg in lesbare Form gebracht und mit zahlreichen interessanten dokumentarischen Fotos, oft aus sonst unzugänglichen Privatarchiven, bereichert hat. Oft sind es nicht nur die eindrücklichen Schilderungen von Schlachten, Bombennächten oder Kriegsgefangenschaft, die den Leser fesseln. Gerade das „Drumherum“ ist manchmal das Besondere: So war einer von Förgs Zeitzeugen, Petrus Freiwang aus Seebruck, Klassenkamerad von Joseph Ratzinger, des späteren Papstes Benedikts XVI. Nicht nur Klassenkamerad, die beiden rückten auch zusammen als Flakhelfer ein. Und in dieser Zeit beobachtete Freiwang oft, wie Ratzinger, während die anderen tranken und Karten spielten, ganze Seiten mit griechischen Schriftzeichen füllte. Irgendwann verriet der spätere Theologe seinem Kameraden, was es damit auf sich hatte: Es waren altgriechische Spottverse auf seine militärischen Vorgesetzten, die von den Adressaten niemand entziffern, geschweige denn übersetzen konnte. Wie schade, dass davon nichts der Nachwelt erhalten ist!

Auch beispielsweise die Erinnerungen von Jan Bodo Sperling haben es in sich: Er erlebte noch als Jugendlicher die schweren Bombenangriffe auf Hannover und Braunschweig, im einen Fall als sogenannter Luftschutzwart, im anderen als Flakhelfer. Nach Kriegsende wurde dieser blutjunge Bursche dann tatsächlich noch als „Kriegsverbrecher“ interniert. Darüber hinaus weiß Sperling in dem trotz des ernsten Themas sehr unterhaltsamen Beitrag über spannende Begegnungen mit interessanten Persönlichkeiten zu berichten, etwa mit der einst berühmten Fliegerin Hanna Reitsch.

In dem Band kommt außerdem zwar nicht „der Arzt von Stalingrad“, aber ein Arzt von Stalingrad zu Wort – der Truppenarzt Dr. Gustav Rhomberg –, des Weiteren ein Soldat, der bei der Belagerung Leningrads tagelang bei extremen Minustemperaturen verwundet in einem Granattrichter überlebte, aber dabei beide Füße verlor, ein DeutschBöhme, der, ohne schwimmen zu können, auf der Flucht aus der Tschechoslowakei in den Grenzfluss Thaya sprang, sowie ein Zeuge der blutigen Schlacht bei den Seelower Höhen 1945. Und der letzte Beitrag erinnert an vergessene Tote des Bombenkrieges in Rosenheim – dieser forderte sein letztes Opfer noch Jahre nach dem Kriegsende.

Klaus G. Förg ist ein Buch gelungen, das uns, von einer langen Friedensperiode verwöhnten Zeitgenossen, anschaulich klarmacht, was Krieg wirklich bedeutet.

Bernhard Edlmann

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