Wasserburg – Neue, noch unbekannte Ölgemälde und Aquarelle von Willy Reichert stehen in der Ausstellung „Spielräume“ auf der Burg im Mittelpunkt. Figürliches, Stillleben, Landschaftsmalerei spiegeln das vielseitige Schaffen des Künstlers wider.
Willy Reicherts Werk ist tief mit der Stadt Wasserburg und der Region verbunden. Seine Ausstellung im historischen Gebäude, das in früheren Zeiten einmal das Wasserburger Frauengefängnis beherbergte, hat er „Spielräume“ genannt. Der etablierte Maler sieht darin für sich die Möglichkeit neuer Perspektiven. Er nutzt diese Spielräume, um als Künstler auch im Alter immer wieder neue Wege zu gehen. Jener Wechsel zwischen Tradition und Innovation, zwischen Realität und Fantasie findet sich auch in seinen Bilderwelten wieder.
Die Ausstellung zeigt ausgewählte Werke aus den Schaffensperioden der letzten Jahre, von ätherischen Aquarellen bis hin zu farbintensiven Ölgemälden. Im Fokus stehen auch impressionistische Landschaftsbilder zwischen Inn und Chiemsee. Sie sind nicht Abbilder rund um das Wasserburger Umland, sondern können auch als emotionale Spiegelbilder eines Lebensgefühls verstanden werden. Seine Malweise changiert zwischen realistischer Darstellung und abstrakter Interpretation. Die Farbpalette ist warm und kräftig, oft mit leuchtenden Kontrasten. Sie vermittelt ein Gefühl von Lebensfreude, aber auch von Vergänglichkeit. Manchmal entdeckt man in den Bildern Menschen, eingebettet in das Alltagsleben oder am Rande urbaner Szenen, still, beobachtend, poetisch.
Rätsel und Interpretationen
Florale Aquarelle wie „Schwertlinien“ oder „Mohnkapsel“ erinnern in ihrer Präzision an ein botanisches Bestimmungsbuch. Der Künstler schlägt hier die Brücke zwischen wissenschaftlicher Darstellung und sensibler Ästhetik. Akte wie das Gemälde „Vor dem Auftritt“ hat Willy Reichert mit geheimnisvollen Ornamenten und Symbolen ausgestattet. Sie geben dem Betrachter Rätsel auf, damit viele „Spielräume“ für deren Lösung oder zumindest Interpretation.
Die vorgestellten Arbeiten mit Tier- und Blumenbildern, Landschaftsmalerei und figürlichen Darstellungen stehen repräsentativ für die Kunst von Willy Reichert mit ihrem breit gefächerten Ideenreichtum. Sie bieten einen Einblick in den kreativen Alltag eines stillen, aber prägenden künstlerischen Chronisten Wasserburgs. In den Bildern finden sich Gegensätzlichkeiten, die dennoch gut zusammenpassen: Tradition und Moderne, Abstraktion und Gegenständlichkeit vereinen sich zu einer Bilderwelt zwischen Realismus und Impressionismus mit einer an William Turner erinnernden Romantik.
Willy Reichert, Jahrgang 1937, stammt aus München. Schon in der Kindheit wurde Wasserburg zu seinem Lebensmittelpunkt. Er hat im Jahr 1968 den Arbeitskreis 68 mitbegründet und im gleichen Jahr die erste Große Kunstausstellung im Rathaussaal mitinitiiert, beides wegweisend für Wasserburg als Kunst- und Kulturstadt. Sein langjähriges Engagement wurde mit dem Kulturpreis des Landkreises Rosenheim und von der Stadt Wasserburg mit der Heiserer-Medaille geehrt.