Die Malerin als Regisseurin

von Redaktion

Ekaterina Zacharova zeigt in der Galerie im Alten Rathaus Prien „Einklang und Umbruch“

Prien – Ekaterina Zacharova ist die Regisseurin unter den Malerinnen. Ihre Bilder in der Galerie im Alten Rathaus zeigen Metropolen und Menschen in der elektrisierenden Dynamik des urbanen Lebens. Jedes Bild erzählt eine Geschichte. Es ist ein farbiges Lichtermeer, dynamisch und sinnlich komponiert, technisch präzise ausgeführt und dank vielschichtiger Ebenen aus Spiegelungen und Lichtreflexionen eindrucksvoll inszeniert.

Szenen aus New
York und Shanghai

Die Menschen, die sie malt, hat sie gesehen, vermengt sie mit dem Ort, an dem die Beobachtung stattfand. Da ist New York, man sieht die grellen Lichter der Autos, die bunt glitzernden Fassaden, die Wolkenkratzer. Vor nachtblauem Himmel erkennt man Shanghai. Noch schriller, bunter, lauter, pulsierender. Die Menschen verschwimmen, werden anonym, gehen in der Schnelligkeit der Stadt beinahe unter. Auf anderen Bildern sind es Einzelpersonen, meist Frauen oder Paare, die ihre Geschichte erzählen. Hier verschwimmt der Hintergrund.

Die Künstlerin nimmt den Betrachter mit brillanten Farben und großartiger Pinselführung mit auf eine Reise. Nicht nur zu den verschiedensten Flecken dieser Erde, sondern auch auf eine Reise in das Seelenleben der dargestellten Personen. Was geht gerade in der jungen Frau vor, die herausfordernd den Kopf in den Straßen New Yorks nach oben reckt? Was in den Köpfen der beiden jungen Frauen, die in die Auslage eines Geschäfts in Mailand blicken? Kommt das junge Paar zusammen, das sich in einer Bar in Palermo begegnet? Realität und Vision vermischen sich bei diesen Momentaufnahmen, regen die Fantasie an.

„Nacht, Brüssel“ zeigt leere Tische, einen Mann, der allein durch eine regennass schimmernde Gasse läuft. Man kann die Einsamkeit förmlich spüren. Bei „La vie en rose“ im Raum „Innen & Außen“ sieht man gut gefüllte Außentische in einem Pariser Café. Und doch liegt der Fokus auf dem Paar im Vordergrund. Sie, sehr dünn, traurig, rauchend, sich von ihrem Gegenüber, der in sein Handy starrt, abwendend. Haben sie sich gestritten, haben sie sich nichts mehr zu sagen, oder sind sie trotz ihres jungen Alters schon vom Leben saturiert?

Ganz anders der Raum „Vertraut.“ Man sieht ein altes Paar, das bei San Zaccaria in Venedig am Quai sitzt. Ein „Plein d’air“-Bild mit morbidem Charme, und doch drückt der Habitus der beiden – er liest die Zeitung, sie schaut woanders hin – wortloses Verständnis, ein gemeinsames langes Leben aus. Und wohin will die Frau mit Kopfhörern, abgeschottet von der Außenwelt, in „taking off, Havanna?“

Für einige ihrer Bilder hat Ekaterina Zacherova sogar auf die vormals weißen Wände einen farblich auf das jeweilige Bild abgestimmten Rahmen gemalt. Es ist diese Vielschichtigkeit, durch die Wahl der Farben verstärkt. Rot symbolisiert Dynamik, den „new dawn“ („Den neuen Morgen“). Ein Mann mit roter Jacke und rotem Basecap, der stehen bleibt, um auf die sich zu drehend scheinende Skyline Shanghais zu blicken.

Schuhputzer in der New York Central Station zeigen „Dienstleute“, die gelb-bräunlichen Farben, wie sie die alten holländische Meister verwendeten, verleihen dem Bild nostalgischen Flair und spiegeln gleichzeitig den tristen Alltag der Schuhputzer wider. Grüne Lampen setzen Glanzlichter in der schummrigen kubanischen Bar und lassen zugleich Gedanken kreisen, wie es mit dem Paar weitergeht.

„Einklang und Umbruch“ Ekaterina Zacherovas Bilder zeugen von ihrer Beobachtungsgabe, die sie in ihre Bilder einfließen lässt. Die Bilder, mit Bedacht konstruiert, lassen viel Raum für Eigeninterpretation.

Bis 22. Juni

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