Bruckmühl – „Zwei Handschriften, wie sie unterschiedlicher kaum sein können – die eine fließend, lichtempfindlich, fast meditativ, die andere kantig, körperlich, direkt – und doch sprechen sie miteinander.“ So bringt die Laudatorin Tabea-Isabell Flamm diese bemerkenswerte Ausstellung von Angela Stauber und Guido Weggenmann in ihrer klugen Rede auf einen Nenner.
Poetisch trifft
auf lapidar
Und noch etwas muss gleich eingangs zitiert werden, nämlich der Ausstellungstitel. „Am Boden sind wir unserer Erde am nächsten. Alles klar“. Der erste Teil – poetisch angehaucht, stammt von Guido Weggenmann, der lapidare zweite Teil „Alles klar“ wurde von Angela Stauber angehängt. Ob dem Betrachter – selbst nach intensivem Hinschauen – alles klar ist, sei dahingestellt. Auf jeden Fall ist es eine wohltuende, zum Teil amüsante Reise durch sehr unterschiedliche Bereiche der bildenden Kunst und Bildhauerei.
Angela Stauber lebt und arbeitet in München und präsentiert ihre Bilder als Tafelmalerei auf Holzplatten, so wie es in der Zeit der Renaissance und Gotik üblich war. Zum einen, weil sie das optische Ergebnis mag, zum anderem, weil sie wohl die Unnachgiebigkeit des Untergrunds schätzt. Die intensivfarbene Oberfläche – immer in Öl – zieht den Betrachter magisch an. Und das teilweise Verwischen des noch feuchten Auftrags transportiert manche Motive ins Geheimnisvolle. Zarte, durchscheinende Farben hat sie gewählt, und es kommt dem Besucher vor, als ob alles flüchtig sei.
Immer ist die Farbe das ausschlaggebende Moment. Deren zarter Auftrag ermöglicht eine Lichtbrechung, die die Bilder leuchten lässt und ihnen einen positiven Aspekt verleiht. Ihre Formate bewegen sich zwischen dem großen Format 1,6 mal 1,8 Meter oder dem ganz kleinen von 38 mal 32 Zentimeter. Immer füllt sie den Malgrund mit ihrer Vision von Räumen – Räume, die man durch zahlreiche Türen betreten oder verlassen kann. Es sind keine Räume zum Wohnen , sondern zum Fühlen, zum Empfinden. Sie sind lichtdurchflutet und bestehen aus einzelnen blockartigen Elementen, die übereinander geschichtet sind. Im ersten Stockwerk der Galerie, wo Guido Weggenmanns Zwerge wohnen, begleiten Staubers Bilder mit Pflanzencharakter die Szenerie – auch hier in zarten Farben und nur angedeutet.
Angela Stauber studierte an der Akademie der Bildenden Künste bei Jerry Zeniuk, später bei Sean Scully, wo sie als Meisterschülerin abschloss. Das Farbempfinden haben ihr beide Professoren mitgegeben.
Die Galerie Markt Bruckmühl hat in ihrem 30-jährigen Bestehen neben konventioneller Kunst auch manches Unkonventionelle gezeigt, aber was der Bildhauer Guido Weggenmann präsentiert, ist schon besonders verblüffend und außergewöhnlich. In großer Zahl sind Gartenzwerge sein Thema, Gartenzwerge, alle gleich aussehend, acht Stück aufgereiht übereinander auf einer Stange. Eine Pyramide aus acht gleich gekleideten, gleich großen, gleich erstaunt guckenden Zwergen, die Belustigung oder Beklemmung auslösen, je nach Stimmung des Betrachters. Da sie alle einen Spaten in der Hand halten, ist man geneigt, an Fleiß und Ausdauer zu denken.
Schwieriger wird die Überlegung bei 13 auf gleiche Weise aufgespießten leeren Kanistern. Da denkt man schon mal an Gefahren, zuvorderst an giftige Substanzen, die in solchen Kanistern aufbewahrt und verkauft werden. Es gelingt Guido Weggenmann, auf sehr subtile Weise daran zu erinnern. Unser blauer Planet, in einen Schraubstock eingequetscht, trägt sichtbare Verletzungen. Kritisch, ohne belehrend zu sein, stellt Weggenmann seinen Blick auf die Welt dar: ein in einer Kupferhalterung eingedrückter, zerbeulter grüner Kanister – wird hier die grüne Idee zu Grabe getragen? Oder elf amerikanische Feuerwehrhelme auf einer Stange aufgespießt, sie sind Mahnmal und Huldigung zugleich. Gartenzwerg, Helm, Kanister: eine gedankliche Konstruktion, die viele Fragen aufwirft.
Guido Weggenmann lebt und arbeitet in Kempten im Allgäu. Er inszeniert Gegenstände aus unserer Dingwelt zu Kunstwerken, die die Augen für neue Zusammenhänge öffnen. Studiert hat er bei Olaf Metzel, ebenfalls an der Akademie der Bildenden Künste München, von dem er die Materialität der Skulpturen übernommen hat.
Überraschungen
im Dachgeschoss
Beide – die Malerin und der Bildhauer – präsentieren sich im Dachgeschoss mit weiteren Ausdrucksformen: Angela Stauber zeigt Aquarelle, Guido Weggenmann Figuren aus der Comic- und Kinderwelt wie etwa Pinocchio, kopfunter aufgehängt. Ein Panoptikum des Lebens die ganze Ausstellung, der Erde sehr nah! Aber ob alles klar ist, muss jeder Einzelne für sich entscheiden.